Wenn es um Inszenierung und den großen Auftritt geht, macht der der neuen türkis-blauen Koalition so schnell niemand etwas vor. Die Regierungsklausur im südsteirischen Schloss Seggau startete damit, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) huldvoll eine Treppe hinabstiegen, um über ihr Programm zu informieren. Sechs Beschlüsse werden beim Sonderministerrat am Freitag gefasst. "Wir sind ein rot-weiß-roter Schnellzug, der im Sinne der Österreicher auch in die Umsetzung geht. Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt", zitierte Strache den Refrain des 80er-Hits "Bruttosozialprodukt" von Geier Sturzflug, den er fälschlicherweise der Spider Murphy Gang zuschrieb.
Auf der Agenda der Regierungsklausur stehen etwa die Entlastung kleiner Einkommen, die Indexierung der Familienbeihilfe, eine "Deregulierungs-Offensive", eine Energie- und Klimastrategie, Einsparungen "im System" sowie - von Kurz extra erwähnt - der Erhalt des Militärgymnasiums Wiener Neustadt. Inhaltlich hob Kurz die Entlastung kleiner Einkommen hervor, die man in einem ersten Schritt mittels Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge erreichen will, von der Einkommen bis zu 1948 Euro profitieren sollen.
Familienbeihilfe ins Ausland soll gekürzt werden
Außerdem unterstrich Kurz das Vorhaben, die Familienbeihilfe für Kinder im EU-Ausland an die dortigen Lebenshaltungskosten anzupassen. Damit sorge man laut Kurz "für mehr Gerechtigkeit". Die Regierung rechnet mit Einsparungen von über 100 Millionen Euro. EU-rechtliche Probleme erwartet er nicht, man habe die Maßnahme "sehr gut und ordentlich vorbereitet", verwies Kurz auf ein entsprechendes Gutachten des Soziallrechtlers Wolfgang Mazal. Es sei ihm "jahrelang ein Dorn im Auge" gewesen, dass Hunderte Millionen ins Ausland gezahlt würden für Kinder, die nicht in Österreich leben und wo die Lebenshaltungskosten viel geringer seien, sagte Kurz. Man stelle damit einen "Missstand" ab, bekräftigte Strache.
Arbeitslosengeld-Konzept: "Wer lange einbezahlt hat, soll länger profitieren"
Unklar blieb am Rande der Klausur, wie das Arbeitslosengeld in Zukunft organisiert wird. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hatte zuletzt gesagt, dass Langzeitarbeitslose nicht in die Mindestsicherung fallen werden, sondern "dauerhaft Anspruch auf Arbeitslosengeld haben", es also unbefristet beziehen können. Das wurde vom Kanzler auf Nachfrage so nicht bestätigt. "Es gilt immer das, was im Regierungsprogramm steht und was wir gemeinsam verhandelt haben", stellte er klar.
Es werde ein "Arbeitslosengeld Neu" geben, das gerechter werde: Wer lange einbezahlt hat, soll länger profitieren, wer nur kurz eingezahlt hat, soll das Arbeitslosengeld auch nur kurz bekommen. Bestehe kein Anspruch, gebe es ja noch die Mindestsicherung. Das konkrete Konzept wolle man noch heuer präsentieren. Die Einführung des deutschen Hartz-IV-Modells plane man jedenfalls nicht, versicherte wie davor schon die Sozialministerin auch Kurz. Klar sei, dass man bei der Notstandshilfe etwas ändern werde, das sei "gemeinsame Linie".
Kickl: "Asylandrang nach Österreich eindämmen"
Die künftige Organisation der Unterbringung von Asylwerbern, die zuletzt medial für Schlagzeilen gesorgt hatte, ist auf der Klausur kein Schwerpunktthema, wie Strache auf Nachfrage erklärte. Man verfolge jedenfalls den Ansatz, dass hier "kein Geschäftszweig" entstehen soll und es stärkere "staatliche Verantwortung" brauche. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hatte zuvor im Ö1-"Mittagsjournal" über die Pläne gesprochen, "Rescue Center" oder Grundversorgungszentren für Asylwerber zu etablieren: Generelles Ziel sei es, den "Asylandrang" nach Österreich einzudämmen und Verfahren möglichst rasch abzuwickeln. Um dies zu ermöglichen, mache es Sinn, die Asylwerber an einem Ort "zu zentrieren". Er wehrt sich dabei gegen den Begriff "Massenunterkunft" und stellte einen Vergleich mit dem Präsenzdienst beim Bundesheer an: "Das habe ich über eine Kaserne noch nie gehört." Wenn es jungen Männern zuzumuten ist, sechs Monate in einer Kaserne zu verbringen, könne dies auch von schutzsuchenden Menschen erwartet werden. Die zentrale Unterbringung ermöglicht seiner Auffassung nach effiziente Verfahren, und dies sei im Interesse aller Beteiligten, so Kickl.
Für Unmut unter Medienvertretern sorgte, dass bei der Klausur kein direkter Zugang zu den eintreffenden Regierungsmitgliedern möglich war - auch die Fotografen mussten den Großteil der Mannschaft durch eine Glasscheibe fotografieren. Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) schaute dagegen mit ihren beiden Hunden "Jackie" (Onassis) und "Winston" (Churchill) im Journalistenbereich vorbei. Ihre Regierungskollegen habe sie schon näher in der langen Parlamentsnacht der Regierungserklärung kennenlernen können, die Klausur sei nun aber eine "gute Gelegenheit, gemeinsam durchzustarten", meinte Kneissl.
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