Ein 17-Jähriger, der im März 2017 seine Mutter nach einem Streit ums Internet mit 21 Messerstichen getötet hat, ist am Mittwoch auf Antrag der Staatsanwaltschaft in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen worden. Laut einem psychiatrischen Gutachten war der Bursche im Tatzeitpunkt zurechnungsunfähig und damit nicht schuldfähig. Die Entscheidung ist bereits rechtskräftig.
Laut der psychiatrischen Sachverständigen Gabriele Wörgötter leidet der 17-Jährige schon länger an einer Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis. Aus diesem Grund konnte er nicht wegen Muttermordes belangt werden, sondern wird nun zeitlich unbefristet im Maßnahmenvollzug behandelt. "Sie sind nicht gesund und müssen sich damit nun auseinandersetzen. Ich weiß, sie wollen das nicht", sagte Schwurgerichtsvorsitzende Beate Matschnig zum Betroffenen.
Die Eltern des Jugendlichen ließen sich scheiden, als der Bub drei Jahre alt war. Das Kind wuchs nach der nicht ganz konfliktfreien Trennung des Paars bei der Mutter auf, der Vater hatte mit Drogenproblemen zu kämpfen. Als der Bursche ins Gymnasium kam, häuften sich die Fehlstunden, bis man ihn schließlich aufgrund seiner Schwänzereien der Schule verwies. Eine Lehrstelle fand er nicht: "Ich habe viele Bewerbungen geschrieben, aber es hat mich niemand genommen", berichtete der 17-Jährige vor Gericht.
Teenager tauchte in irreale Parallelwelt ab
Der Jugendliche zog sich immer mehr zurück, verließ kaum noch sein Zimmer und driftete irgendwann in eine irreale Parallelwelt ab, die von Egoshooter-Spielen und japanischen Manga-Comics dominiert war. Das planlose Leben passte der berufstätigen Mutter überhaupt nicht, da ihr Sohn kaum noch außer Haus ging und auch das Boxtraining sausen ließ. Bereits da reifte in ihm der Entschluss, die 42-Jährige zu töten. Das Verhältnis zu seiner Mutter war "zwiegespalten", sagte der 17-Jährige nun. "Manchmal hatte sie mich ganz lieb, manchmal war sie sehr böse."
Mit "sehr böse" meinte der Bursche, dass die 42-Jährige ihm den WLAN-Router wegnahm, sodass er nicht ins Internet kam, weder spielen, chatten noch Comics schauen konnte. "Das war sehr schlimm", meinte der Jugendliche, der seinen Tagesablauf ganz darauf abstimmte. Er schlief bis mittags, holte sich dann vom nahe gelegenen Supermarkt etwas zu essen und saß dann bis Mitternacht am Computer. So auch am 21. März 2017, als ihm die Mutter wegen seines Nichtstuns erneut das Internet abdrehen und ihn vor die Tür setzen wollte. Sie bat ihn schließlich, zum Vater zu ziehen.
Mutter Messer in Rücken gerammt
Als die 42-Jährige ins Vorzimmer vorausging - sie wollte dem Sohn die Wohnungsschlüssel abnehmen -, versetzte ihr der zum Tatzeitpunkt 16-Jährige mit einem Messer zwei Stiche in den Rücken. Als die Frau hinfiel, stieß er die 16 Zentimeter lange Klinge noch 19 Mal in den Oberkörper. "Ich dachte, es war nur ein Einstich, mir ist das nicht lange vorgekommen", sagte der 17-Jährige, der von Anwalt Michl Münzker vertreten wurde.
Als die Frau röchelnd am Boden lag, nahm er einen Polster und drückte ihn ihr ins Gesicht, um die Geräusche zu unterdrücken. Er schloss ihre Augen und zog sich einen Manga-Umhang um. Via Smartphone kommunizierte der Beschuldigte noch mit Freunden und seinem Vater und verständigte dann die Polizei. Dann zog er sich die Maske seiner Lieblingsfigur "Tobi" übers Gesicht und setzte sich im Schneidersitz mit einem Messer in Reichweite auf sein Bett. In dieser Haltung trafen ihn dann die Polizeibeamten neben der toten Mutter an.
"Ich kann meine Wut nicht beherrschen"
"Ich wollte mir eigentlich das Leben nehmen, aber weil zuerst die Sanitäter in die Wohnung kamen und nicht die Polizei, hat es nicht meinen Vorstellungen entsprochen", sagte der 17-Jährige, der auch erklärte, schon sehr lange Zeit bei Wutanfällen den Wunsch zu haben, jemanden zu töten. "Ich kann meine Wut nicht beherrschen. Meist hab' ich gegen die Wände geschlagen." Diesen Tötungswunsch hegte er auch gegen Mitgefangene: In der Justizanstalt Josefstadt wollte er einen Mithäftling töten, weil er ihm die Schuhe weggenommen hatte, im Jugendgefängnis Gerasdorf, weil er mit der "Situation nicht zufrieden war".
Die Verhandlung fand zum Teil unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, da die Erkrankung und die Lebens- sowie die Tatumstände nach Paragraf 42 Jugendgerichtsgesetz (JGG) nicht öffentlich erörtert wurden.
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