In Europa streiten Verbraucherschützer und Hersteller seit Langem über die Einführung einer sogenannten Ampel-Kennzeichnung für Lebensmittel. Anfangs stellten sich Konzerne noch quer und wollten die Ampelkennzeichnung verhindern. Grund dafür: Eine rote Ampel wirke für die Verbraucher abschreckend. Jetzt scheinen es sich die großen Ernährungskonzerne plötzlich anders überlegt zu haben und legten Pläne für eine sogenannte Industrie-Ampel vor – mit der sogar Pizza oder Chips gar nicht mehr so ungesund scheinen.
Mondelez, Coca-Cola, Mars, Nestle, Pepsi und Unilever hatten schon im vergangenen Jahr einen Vorstoß für eine "weiterentwickelte Farbkennzeichnung" für Lebensmittel angekündigt. Grundlage ist die sogenannte Ampelkennzeichnung, die in Großbritannien und Frankreich bereits verwendet wird. Sie zeigt in der Signalfarbe Rot auf der Packung an, ob ein Produkt viel Zucker, Fett oder Salz enthält. Diese Zutaten können bei Verzehr in großen Mengen Fettleibigkeit und Gesundheitsprobleme fördern.
Konzerne wollen mit Angaben zur Portionsgröße schummeln
Vermutlich deshalb reichten große Konzerne kurzerhand eigene Vorschläge für die Nährstoff-Ampel ein – mit der Pizza, Chips und Co. plötzlich gar nicht mehr so ungesund wären. Die Pläne, die von den Konzernen selbst eingereicht wurden, orientieren sich lediglich an Angaben zu den Nährwerten einer Portion. Wie viel das genau ist, will nun jeder Hersteller selbst festlegen.
Unrealistische Portionsangaben
"Prinzipiell begrüßen wir eine Ampel-Kennzeichnung sehr, da die Farbkodierung grün, orange und rot für den Verbraucher sehr übersichtlich ist", so die Ernährungswissenschaftlerin Birgit Beck von Verein für Konsumenteninformation im Gespräch mit krone.at. Kritisiert wurde jedoch, dass das vorgeschlagene System weniger strikt und aussagekräftig sei. Demnach würden Portionsgrößen im unrealistischen Maß verkleinert werden, um möglichst wenige Produkte mit der Warnfarbe Rot zu kennzeichnen.
Der Trick: Die Original-Ampel springt bei Zucker auf Rot, sobald ein Produkt mehr als 15 Prozent Zucker enthält. Um dies zu verhindern, werden von den Konzernen einfach kleinere Portionsgrößen angegeben.
Ampel wirkt weniger abschreckend
"Es macht keinen Sinn, Kalorien-Angaben zu Portionsgrößen zu machen, die nicht der Gesamtgröße des Produktes entsprechen", so Beck weiter. Die Organisation Foodwatch nannte als Beispiel Frühstücks-Zerealien der Marke Nesquik. Die Angabe zum Zucker sei in Großbritannien rot unterlegt, mit dem vorgeschlagenen System sei dasselbe Produkt mit derselben Zuckermenge aber nur noch gelb. Nutella stehe nach dem britischen System bei Fett, gesättigten Fettsäuren und Zucker auf Rot. Mit dem Herstellervorschlag wäre indes alles gelb.
Ablaufdatum ist nicht immer das wahre End-Datum
Auch Angaben zu Haltbarkeitsdaten sorgen immer wieder für Diskussionsstoff. Wie berichtet, wird auf norwegischen Milchprodukten ab nächster Woche die Kennzeichnung "Mindestens haltbar bis, aber nicht schlecht nach" stehen. Auch in Österreich wird regelmäßig über das Verfallsdatum diskutiert. Erst kürzlich gaben heimische Molke-Hersteller zu, dass die Mindesthaltbarkeitsfrist bei bestimmten Produkten auf Wunsch des Handels gekürzt wird. "Wichtig ist es, den Menschen zu vermitteln, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum kein End-Datum ist", meint Beck. Lebensmitteltests hätten demnach gezeigt, dass vor allem Milchprodukte noch lange nach dem angegebenen Ablaufdatum verzehrbar gewesen wären. Bei Fleisch- und Wurstprodukten solle man laut Beck allerdings aufpassen: "Hier gilt das Mindesthaltbarkeitsdatum tatsächlich als End-Datum."
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