„Tür steht offen“

Tusk und Juncker bieten Briten Verbleib in EU an

Ausland
16.01.2018 13:14

EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker haben Großbritannien überraschend einen Verbleib in der Europäischen Union angeboten. Falls die Briten ihre Meinung änderten, seien "unsere Herzen weiter offen für Sie", sagte Tusk am Dienstag im Europaparlament in Straßburg. Juncker unterstützte dort Tusk und sagte, er hätte nicht gerne, dass in London überhört werde, "dass unsere Tür nach wie vor offen steht".

"Falls die britische Regierung nicht noch ihre Meinung ändert, wird der Brexit im kommenden Jahr allerdings Realitat, mit all seinen negativen Folgen", warnte Tusk. Und fügte hinzu: "Wir, hier auf dem Kontinent, haben unsere Meinung nicht geändert." Sollten die Briten beim Brexit-Kurs bleiben, müsste London hingegen "mehr Klarheit" zu den künftigen Beziehungen mit der EU zeigen. Hier liege "das härteste Stück Arbeit noch vor uns". Juncker ergänzte, er hoffe, die Botschaft Tusks komme in der britischen Regierung an: "Ich hätte nicht gerne, wenn dies in London überhört wird."

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Großbritanniens Premierministerin Theresa May und EU-Ratspräsident Donald Tusk (Bild: AP, APA, AFP, krone.at-Grafik)
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Großbritanniens Premierministerin Theresa May und EU-Ratspräsident Donald Tusk

Brexit-Skepsis in Großbritannien wächst: Zweites Referendum gefordert
Die beiden EU-Spitzenpolitiker reagierten mit ihren Aussagen offenbar auf die in der Vorwoche von Brexit-Wortführer Nigel Farage in Gang gebrachte Diskussion über ein zweites EU-Austrittsreferendum. Dieses sollte die anhaltende Debatte über den Ausstieg "abtöten", erwartet Farage eine noch deutlichere Zustimmung zum Brexit bei einem neuerlichen Referendum. Inzwischen ist aber in Großbritannien die Skepsis gegenüber dem Brexit gewachsen. Die Liberalen und andere proeuropäische Oppositionspolitiker fordern ein zweites Referendum. Sie argumentieren, dass den Briten bei der Abstimmung von 2016 die volle Tragweite der Entscheidung nicht klar gewesen sei.

(Bild: AP)

Kurz froh über Angebot der EU: "Brexit bringt viele Nachteile mit sich"
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) begrüßte die Aussagen der beiden EU-Spitzenpolitiker und betonte, dass der Brexit eine "enorme Herausforderung" sei und viele Nachteile mit sich bringe. "Ich bin froh, dass es das Angebot gibt, aber die Entscheidung liegt bei den Briten", sagte Kurz im Pressefoyer nach dem Ministerrat am Dienstag.

(Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)

Brexit-Verhandlungen sollen im zweiten Halbjahr abgeschlossen werden
Die Briten hatten im Juni 2016 bei einer Volksabstimmung mit 52 Prozent für das Verlassen der Europäischen Union gestimmt. Am 29. März 2017 beantragte die britische Regierung offiziell den Austritt nach Artikel 50 des EU-Vertrags, der nun bis 29. März 2019 erfolgen soll. Die Verhandlungen über den Brexit sollen unter österreichischer EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 abgeschlossen werden.

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