Im bosnischen Landesteil Republika Srpska wurde das TV-Interview bereits vor vier Monaten ausgestrahlt, am Donnerstag hat es auch Österreich erreicht: Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hat sich im September 2017 gegen den Gesamtstaat Bosnien-Herzegowina und für eine Unabhängigkeit der bosnisch-serbischen Republika Srpska ausgesprochen. Strache sagte damals bei einem Besuch in Banja Luka unter anderem: "Ich würde gerne wissen, warum die internationale Gemeinschaft auf ein multiethnisches Bosnien und Herzegowina insistiert. Dieser künstlich kreierte Staat kann nicht funktionieren, weil ihn die Menschen, die dort leben, nicht wollen."
Strache betonte ferner "die Notwendigkeit, dass die Serben und Kroaten in Bosnien und Herzegowina das Recht bekommen sollen, selber über ihr Schicksal entscheiden zu dürfen". Die einzige Struktur, die in Bosnien-Herzegowina funktioniere, sei die Republika Srpska, "und deswegen sehe ich keine positive Zukunft für Bosnien und Herzegowina. Aus diesem Grund sollten wir über die Möglichkeit nachdenken, der Republika Srpska das Recht der Abspaltung zu geben."
Abspaltung nicht mit Friedensvertrag von Dayton im Einklang
Eine derartige Abspaltung würde gegen die bosnische Verfassung und den Friedensvertrag von Dayton (1995) verstoßen. Strache bestritt die Aussagen am Donnerstag im Ö1-"Morgenjournal" nicht. "Ich stehe zur staatlichen Integrität Bosnien-Herzegowinas, genauso zum Selbstbestimmungsrecht der Völker für einen nachhaltig notwendigen Friedensprozess", sagte er.
Gegensatz zur traditionellen österreichischen Bosnien-Politik
Die FPÖ sorgt mit ihrer Haltung gegenüber der separatistischen Führung der Republika Srpska, die im Gegensatz zur traditionellen österreichischen Bosnien-Politik steht, immer wieder für Aufregung. Zuletzt hatte ein Besuch von FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus der Feierlichkeiten zum verfassungswidrigen "Nationalfeiertag" in Banja Luka für Kritik gesorgt. Dabei nahm er für sich und Strache einen Orden von dem umstrittenen separatistischen Präsidenten der Republika Srpska, Milorad Dodik, entgegen.
Schieder: "Brandgefährliches Treiben von Strache"
SPÖ-Klubchef Andreas Schieder hat Strache am Donnerstag für seine Äußerungen kritisiert. "Es zeigt sich wieder einmal, wen sich Kanzler Kurz da in die Regierung geholt hat", so Schieder, der von einem "brandgefährlichen Treiben" Straches sprach und sofortige Stellungnahmen von Bundeskanzler Sebastian Kurz und Außenministerin Karin Kneissl forderte. Österreich habe noch immer eine wichtige Vermittlerrolle am Westbalkan, diese werde auf unverantwortliche Weise "gerade zunichtegemacht, mit ungewissen Folgen für die ganze Region". Die zwar von der FPÖ nominierte, aber parteilose Kneissl wollte sich in der Angelegenheit nicht äußern. Dies sei "Sache der FPÖ und nicht des Außenministeriums".
Deutliche Kritik kam aber auch aus den Reihen der ÖVP: Der Bezirksobmann der Jungen ÖVP des Wiener Bezirks Rudolfsheim-Fünfhaus, Muamer Becirovic, zeigte sich entsetzt: "Unser Vizekanzler würde sich also über erneute kriegerische Auseinandersetzungen in Bosnien freuen." Und die EU-Abgeordnete der NEOS, Angelika Mlinar, schrieb auf Twitter: "Wer den Balkan kennt, weiß, dass das Kriegstreiberei ist."
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