Mehr als drei Monate nach dem Drama um einen 20-jährigen Wachsoldaten in der Wiener Albrechtskaserne Anfang Oktober gab es am Freitag den mit Spannung erwarteten Lokalaugenschein. Der verdächtige Schütze (22) stellte dabei den tödlichen Kopfschuss mit dem Sturmgewehr nach. Er gab an, gestolpert zu sein. Dabei hätte sich der Schuss gelöst. Die "Krone" war vor Ort dabei ...
Ehe der Mordverdächtige an den Tatort gebracht wurde, war der Einfahrtsbereich zum Kasernengelände mit grünen Plastikplanen abgedeckt worden. Um Punkt 10 Uhr fuhr der Polizeibus mit dem Todesschützen Ali Sahin Ü. in der Kaserne in der Vorgartenstraße in der Leopoldstadt vor.
Szenario mit Puppe nachgestellt
Abgeschirmt, das Gesicht verdeckt, wurde der 22-Jährige – er hat ebenso wie das Opfer Ismail M. türkische Wurzeln – in das Wachzimmer gebracht. Anhand einer Puppe wurde das Drama dann im Beisein von Staatsanwalt, Schusssachverständigen und Ermittlern nachgestellt.
Gestolpert und am Abzug festgehalten
Der 22-Jährige, der sich wegen Mordverdachts in U-Haft befindet und bisher Erinnerungslücken geltend gemacht hatte, gab an, er hätte den schlafenden 20-Jährigen wecken wollen. Er sei dabei gestolpert und hätte sich am Abzug seines Sturmgewehrs festgehalten, worauf es krachte.
Im Anschluss wurde der Verdächtige vom Staatsanwalt, dem Gerichtsmediziner und einem Schießsachverständigen eingehend befragt. Der Ballistiker wollte dem Vernehmen nach vor allem ergründen, wie die Patrone in den Lauf der Waffe gekommen war und weshalb diese entsichert war. Thema war auch, warum der 22-Jährige - entgegen einer Vorschrift - die Waffe vor dem Betreten des Containers nicht abgelegt hatte.
Wirbel um "Heeres-Tatwaffe"
Aufregung gab es bei den Anwälten des Mordverdächtigen um die "Heeres-Tatwaffe". Denn diese war nicht das Original, sondern ein brandneues Sturmgewehr. Knackpunkt für die Verteidiger ist ja die Frage, ob sich das StG-77 beim Herunterfallen selbst repetiert hat. Das entscheidet über eine allfällige Anklage wegen Mord oder "nur" grob fahrlässiger Tötung.
Insgesamt dauerte die Tatrekonstruktion rund zweieinhalb Stunden. Zeugenschaftlich befragt wurde auch ein Soldat, der sich bis kurz vor dem Schuss in dem Raum befunden hatte, in dem der 20-Jährige ums Leben kam.
Oliver Papacek und Christoph Budin, Kronen Zeitung/krone.at
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.