Nach einem Verhandlungstag ganz im Zeichen einer mutmaßlichen "Freimaurer-Verschwörung" sind am Mittwoch erneut Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Peter Hochegger, Walter Meischberger, Ernst Plech und zehn weitere Angeklagte in der Buwog- und Terminal-Tower-Causa vor Gericht gestanden. Am elften Prozesstag wurde die Befragung Hocheggers vorerst abgeschlossen. Nach ihm kam - für viele Beobachter ziemlich unerwartet - Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics dran. Er bekannte sich nicht schuldig und betonte, dass er die Untreue-Anklage nicht verstehe, habe er doch "für meinen Konzern Milliardenbeträge erwirtschaftet". In der Anklageschrift wird der 63-Jährige als jene Person geführt, die jene zehn Millionen Schmiergeld zahlte, die teilweise bei Grasser gelandet sein soll.
Nach einem kurzen Ausflug in die Konzerngeschichte der Immofinanz interessierte sich Richterin Marion Hohenecker für das Verhältnis zwischen Petrikovics, der derzeit eine andere Haftstrafe absitzt, und Hochegger. Die beiden hatten sich Anfang der 1990er-Jahre kennengelernt, es entwickelte sich eine "exzellente" Zusammenarbeit. "Herr Hochegger ist ein exzellenter Stratege und Kenner der österreichischen Politik", erläuterte Petrikovics die Gründe, warum der damalige Lobbyist ein wichtiger Geschäftspartner gewesen war. Unter anderem sei der Steirer auch an der Ausarbeitung der damaligen Mietrechtsreform maßgeblich beteiligt gewesen. Das sei wichtig gewesen, um eine "marktkonforme Abbildung" zu erreichen.
"Das ist absoluter Nonsens"
Petrikovics stützte die Aussagen Hocheggers zum Teil, als es um die Frage ging, wer über das Höchstangebot des mitbietenden Konkurrenten CA Immo Bescheid wissen konnte. Die Linie von Grassers und Meischbergers Verteidigern, wonach die Information am gesamten Wiener Immobilienmarkt bekannt gewesen sei, sei "absoluter Nonsens", erklärte der Befragte.
Welch wichtiger Partner Hochegger war, wurde im Lauf der weiteren Einvernahme durch die Richterin deutlich, denn die Immofinanz hatte bei zwei größeren Bieterverfahren unter der Leitung von Petrikovics mitgemacht. Beim ersten Verfahren - ohne Zuhilfenahme Hocheggers - unterlag man der Konkurrenz. Mit dem "gut vernetzten" Lobbyisten konnte man aber dann 2004 "das beste Geschäft, das die Immofinanz je abgeschlossen hatte" ins Trockene bringen. Die Rolle Hocheggers sei die eines "klassischen Beraters" gewesen. Er sollte auf "Tratschereien" am Markt aufpassen und wichtige Infos aufschnappen. Meischberger will der damalige Immofinanz-Chef überhaupt nicht gekannt haben.
Undichte Stelle bei der Bank Austria?
Woher letztendlich die wichtige Information über das Konkurrenzangebot für die Bundeswohnungen in der Höhe von 960 Millionen Euro gekommen war, darüber mutmaßte Petrikovics lediglich: "Wahrscheinlich jemand von der Bank Austria (von dieser hatte die gegnerische CA Immo eine Finanzierungszusage, Anm.)." Er jedenfalls habe die Information von Hochegger erhalten - und dieser vertraute er. Ob denn die Zahl nicht auch von anderer, nämlich politischer Seite gewesen sein konnte, wollte die Richterin daraufhin wissen. Die Antwort: "Ich vermutete, dass Herr Hochegger die Information vom Markt hatte." Wenn er gedacht hätte, dass man aus ÖVP-nahen Kreisen an die Informationen hätte gelangen können, hätte er sich für eine andere PR-Agentur entschieden.
"Selektive Wahrnehmung": Petrikovics belastet Ex-Raiffeisenbanker
Während Petrikovics die Version Hocheggers stützte, aber gleichzeitig Meischberger und Grasser ein wenig entlastete, beschuldigte der 63-Jährige den mitangeklagten Ex-Raiffeisenbanker Georg Starzer. Der frühere RLB-OÖ-Vorstand sei bei der Privatisierung der Bundeswohnungen in die Gespräche mit Hochegger eingebunden gewesen und die RLB OÖ habe auch dessen halbe Provision bezahlt. Starzer bestreitet dies, es habe keine Honorarvereinbarung und auch keine Honorarzahlung an Hochegger gegeben. Dies konnte Petrikovics nicht ganz nachvollziehen. Er sprach von "Kindesweglegung" und einer "selektiven Wahrnehmung".
Zuvor hatte Hochegger zum vorerst letzten Mal am "Befragungssessel" Platz genommen. Während der ersten Fragerunde hatten die Verteidiger versucht, die Glaubwürdigkeit des "geläuterten" und teils geständigen 68-Jährigen zu beschädigen. Dies ist ihnen zum Teil sogar gelungen, wenn auch mit skurrilen Vorwürfen. So führte am Dienstag der Anwalt von Meischberger, Jörg Zarbl, das Teilgeständnis auf eine "Freimaurer-Verschwörung" bzw. "verbotene Absprache" mit der Justiz zurück. Auch wenn Hochegger selbst betonte, er sehe einer möglichen Höchststrafe von zehn Jahren "gelassen" entgegen, liegt der Verdacht nahe, dass Hochegger mit seiner "Wahrheit" auf eine Strafmilderung hoffen kann.
Meischberger-Anwalt will "Freimaurer-Verschwörung" aufdecken
Um diese "Verschwörung" aufzuklären, beantragte Zarbl zahlreiche weitere Zeugen - darunter die beiden Staatsanwälte, die Chefin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und sogar "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk. Welcher Ladung zugestimmt wird, bleibt abzuwarten. Klenk selbst betonte bereits am Dienstag auf Twitter, dass er sich auf das Redaktionsgeheimnis berufen werde. Doch dazu wird es aber gar nicht kommen, die Zeugen-Anträge Zarbls wurden vom Richtersenat abgelehnt.
Nach der Befragungsreihe durch die Anwälte war einmal mehr Grasser-Anwalt Manfred Ainedter am Wort, der von Richterin Hohenecker "ausnahmsweise" noch mal das Recht eingeräumt bekam, nachzufragen - aber nur, wenn er bei der angeklagten Sache bleibe, wie Hohenecker betonte. Ainedter fragte Hochegger, warum er bei seinem ersten Gespräch im Jahr 2009 mit seinem damaligen Anwalt Gabriel Lansky nicht die von ihm behauptete angebliche Korruption Grassers erwähnt habe. Lansky sei SPÖ-nahe, und die SPÖ hätte ihn "auf Händen durch die Stadt getragen", wenn er etwas gegen Grasser vorgebracht hätte. "Ich war damals noch nicht so weit", sagte Hochegger - was Ainedter nicht zufriedenstellte.
Reihen auf der Anklagebank lichten sich
Um die Zeit der ausgefallenen Termine zu kompensieren, hatte Hohenecker am Dienstag angekündigt, dass die Verhandlungstage in der nächsten Woche "etwas länger als ausgeschrieben" dauern würden. Dies wurde mit einem Murren aus den Reihen der Verteidiger zur Kenntnis genommen. Allerdings werden jene fünf Personen, die wegen der Terminal-Tower-Causa angeklagt sind, vorerst aus dem Hauptverfahren ausgegliedert. Nun wird der Prozess also mit neun Angeklagten fortgesetzt. Nur wenn ihre Anwesenheit notwendig ist, müssen die restlichen Angeklagten antanzen. Die Richterin gab die Termine bis Oktober ebenfalls schon bekannt, beruhigte aber alle Beteiligten: "Da wird noch Zeit für ein Leben neben dem Prozess bleiben." Am Donnerstag wird das Verfahren mit der Befragung Petrikovics' fortgesetzt. Für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.
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