Strache im Visier

Abhör-Krimi: Fünf schwere Sicherheitsmängel

Politik
26.01.2018 08:29

Monatelang dürfte SPÖ-Kanzleramtsminister Thomas Drozda, einer der engsten Berater von Ex-Kanzler Christian Kern, in seinem Büro im Palais Dietrichstein bespitzelt worden sein: Alles, was er mit Kern über SPÖ-Strategien, außenpolitische Themen oder über den Tal-Silberstein-Krimi besprach, könnten nun auch andere wissen. Jetzt – wir berichteten – wurden die Wanzen entdeckt, als Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) in dieses Büro einzog. Der Fall deckt massive Sicherheitsmängel auf.

Die Fotos vom Tatort zeigen ganz gut, wie die Mitarbeiter eines bisher noch nicht überführten Nachrichtendienstes gearbeitet haben: Im für Büros typischen Kabelsalat waren die Verbindungen der ersten Wanze hinter der Spiegelwand in Straches Arbeitszimmer gut getarnt. Der Kabelstrang führte dann zu einem weiteren Kasten, von dort in das Büro des Kabinettschefs und durch mehrere andere Räume ins Freie.

Das belegt die erste Sicherheitslücke: Offenbar konnten Nachrichtendienst-Mitarbeiter mitten in einem Regierungsgebäude der Republik Österreich absolut ungestört fast 100 Meter an Kabel verlegen.

Sicherheitslücke Nummer 2: Der Kabelstrang führte ins Freie, und von dort konnte die Abhöranlage in Betrieb genommen werden. Warum fehlten jede Außensicherung und eine ständige, regelmäßige Überwachung des Palais Dietrichstein?

(Bild: krone.at-Grafik)

Sicherheitslücke Nummer 3: Laut Mitarbeitern der FPÖ habe das Landesamt für Verfassungschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) gleich nach der Angelobung der neuen Regierung die Amtssitze auf Wanzen überprüft – und nichts gefunden. Erst als Strache um eine weitere Kontrolle durch Spezialisten des Heeresabwehramts (HAA) ersucht hat, wurde die Abhöranlage entdeckt. Der Vizekanzler zur "Krone": "Wenn man schon Spezialisten hat, dann sollten die das auch machen. Das war gut so. Wir lassen auch immer wieder meine Büros in der FPÖ-Zentrale von einer privaten Firma auf Wanzen absuchen."

Sicherheitslücke Nummer 4: Offenbar, so vermutet jedenfalls die FPÖ-Spitze, habe man in dieser Woche bei den Betreibern der Abhöranlage bald bemerkt, dass die Wanze nicht mehr funktioniert (sie wurde vom HAA in der Vorwoche plombiert): Am Donnerstag wollte vermutlich einer der Nachrichtendienst-Mitarbeiter im Büro von Strache nachsehen und den "Defekt" beheben – der Täter kam völlig ungehindert durch den Haupteingang des Palais bis zu den Räumen des Vizekanzlers. Nur durch Zufall hörten Büromitarbeiter verdächtige Geräusche und sahen nach. Dem Täter gelang aber die Flucht.

(Bild: APA/Georg Hochmuth, krone.at-Grafik, facebook.com)

Sicherheitslücke Nummer 5: Noch immer wird nicht mit Bildern aus den Überwachungskameras im Palais nach dem Einbrecher und mutmaßlichen Geheimdienst-Mitarbeiter gefahndet. Das lässt zwei Schlüsse zu: Entweder sind alle Aufnahmen unbrauchbar oder die Überwachungsanlage war nicht aktiviert.

Aufgrund dieser offensichtlichen Sicherheitsmängel im Palais Dietrichstein am Minoritenplatz sind auch die Mitarbeiter anderer Regierungsmitglieder alarmiert: Sie wollen ebenfalls eine "viel intensivere Suche nach Abhöreinrichtungen als die bisher üblichen Routinekontrollen" in sämtlichen Amtsräumen.

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