Wenn der Ausgang der Landtagswahlen in Niederösterreich als erster Test für die neue Regierung gewertet werden kann, dann darf sich ÖVP-Chef und Bundeskanzler Sebastian Kurz in seiner bisherigen Arbeit bestätigt fühlen. Seine Partei hat in Österreichs größtem Bundesland mit Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner an der Spitze die absolute Mehrheit von Erwin Pröll aus dem Jahr 2013 verteidigen können.
Aus der Kanzler-Partei war bei Bekanntgabe der Wahlergebnisse in Niederösterreich riesiger Jubel zu hören. Mit 49,6 Prozent der Stimmen ist die ÖVP überragende Siegerin.
Kleine politische Verschnaufpause für die SPÖ
Auf dem zweiten Platz, mit nicht einmal der Hälfte an Stimmen, ist die SPÖ gelandet: Die 23,9 Prozent, die Parteichef Christian Kern mit seinem Wunschkandidaten, dem ehemaligen Polizisten und Magna-Manager Franz Schnabl erreichen konnte, erlauben der Ex-Kanzler-Partei eine kleine politische Verschnaufpause. Kern sieht in dem Wahlausgang ein "starkes Ergebnis". Der Ex-Kanzler meint, es sei damit ein Aufwärtstrend zu erkennen, der zeige, "dass wir eine starke Sozialdemokratie in Österreich haben".
Bremste Liederbuch FPÖ-Höhenflug?
Zwiespältig fällt die Bewertung für die Regierungspartei von Vizekanzler Heinz-Christian Strache aus. Die FPÖ landet mit 14,8 Prozent der Stimmen auf dem dritten Rang. Mit den starken Zugewinnen am Sonntag (bei den Wahlen im Jahr 2013 waren die Freiheitlichen nur auf 8,2 Prozent gekommen) kann die FPÖ einen deutlichen Erfolg verbuchen. Allerdings waren die auf Prognosen beruhenden Erwartungen deutlich höher. Der FPÖ in Niederösterreich war sogar ein Ergebnis von etwas mehr als 20 Prozent vorhergesagt worden. Die knapp vor der Wahl bekannt gewordene Affäre um das Nazi-Liederbuch aus dem Burschenschaftermilieu rund um den freiheitlichen Spitzenkandidaten Udo Landbauer dürfte den möglichen Höhenflug allerdings gebremst haben, so die Einschätzung von Meinungsforschern. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky freut sich aber, dass seine Partei eine Verdoppelung der Mandate erreicht hat.
Grüne glauben jetzt an Neubeginn
Anlass zur Freude haben auch die Grünen. Die auf Bundesebene in der Versenkung verschwundene Partei hat in Niederösterreich mit 6,4 Prozent den Einzug in den Landtag geschafft. Bei den Grünen glaubt man nun, "einen ersten Schritt zum Neubeginn" gemacht zu haben. Bei den kommenden Landtagswahlen in Tirol, Kärnten und Salzburg gehe es bei den Grünen um Regierungsbeteiligungen, so der grüne Bundessprecher Werner Kogler.
Nächster Test bereits in einem Monat
Zufrieden ist man auch bei den NEOS, die jetzt mit fünf Prozent in den niederösterreichischen Landtag einziehen können. Für den Parteimanager der NEOS bedeutet der Wahlausgang einen "guten Rückenwind" für die nächsten drei Landtagswahlen. Das Ergebnis in Niederösterreich zeige, dass die NEOS in ländlichen Gebieten Fuß fassen können. Schon in einem Monat stehen Regierungs- und Oppositionsparteien erneut auf dem Prüfstand: Am 25. Februar ist Tirol an der Reihe. Auch dort gilt die ÖVP als prognostizierte Siegerin.
Kommentar von Claus Pándi: Perfekte Arbeit
Die Zeiten absoluter Mehrheiten sind vorbei. So war es zuletzt von durchaus angesehenen Politikwissenschaftlern und Publizisten immer wieder zu lesen. Aber die klugen Köpfe hatten offenbar noch nie von Niederösterreich gehört. Dort konnte die ÖVP ihre Machtbasis eindrucksvoll halten. Ein Triumph, der nur die wenigsten überraschen sollte. Die Übergabe des Landesthrons von Erwin Pröll an Johanna Mikl-Leitner war zeitgerecht, professionell und mit Stil über die Bühne gegangen. Danach lieferte die Wahlkampfmaschinerie in St. Pölten wie immer eine perfekte Arbeit.
FPÖ und SPÖ waren freilich unfreiwillige Helfer der ÖVP. Die Affäre um das Nazi-Liederbuch hat den vielfach prognostizierten Höhenflug der Freiheitlichen in Niederösterreich gebremst. Und die Sozialdemokraten waren mit Christian Kerns wenig zugkräftigem Wunschkandidaten und einem merkwürdigen Wahlkampf zu keinem Zeitpunkt eine ernsthafte Konkurrenz für die ÖVP. Das Lebenszeichen von Grünen und NEOS darf als freundliche Geste der Demokratie gewertet werden.
Bundeskanzler Sebastian Kurz kann jedenfalls hochzufrieden sein. Seine ÖVP geht einmal mehr gestärkt aus Wahlen hervor. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sollte das Ergebnis, der Papierform nach auch als Erfolg zu interpretieren, zum Anlass für mehr Sensibilität bei der Personalauswahl nehmen. Und für SPÖ-Chef Christian Kern ist die Lage seit Sonntag nicht schlechter - aber auch nicht viel besser.
Kronen Zeitung
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