Ungarn, das war einmal der Liebslingsnachbar der Österreicher. Seit Viktor Orban hat sich vieles geändert. Am Dienstag ist der Problemnachbar in Wien. Selbst der Besuchsablauf ist ungewöhnlich unter Nachbarn: kein medienöffentlicher Auftritt in einer Pressekonferenz. Der ungarische Premier mag nur Medien, die er unter Kontrolle hat.
Ungarns Ministerpräsident wird seinen Amtskollegen Sebastian Kurz und dann FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache treffen. Das Christliche will der ungarische Premier mit Kardinal Christoph Schönborn besprechen, und eine Begegnung ist auch mit seinem alten Freund Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel geplant.
An heiklen Gesprächsthemen im Kanzleramt herrscht kein Mangel, etwa das AKW Paks: Österreich wird bei der EU gegen die Finanzierung der Erweiterung des AKW klagen, für welche Russland übrigens einen Zehn-Milliarden-Dollar-Kredit zur Verfügung gestellt hat. Familienbeihilfe: Ungarn ist betroffen von derbeabsichtigen Kürzung der Familienbeihilfe für Arbeitskräfte, deren Kinder im Heimatland verbleiben. Nach Ungarn fließen dabei jährlich etwa 80 Millionen Euro. Orban droht mit EU-Klage gegen Österreich.
Einig gegen die Quotenverteilung
Auf einer Linie befinden sich beide in der Ablehnung der Quotenverteilung von Flüchtlingen/Migranten in der EU. Kurz: „... ohnehin nicht durchführbar und sinnlos, weil die Asylanten in jedem Fall nach Deutschland oder Österreich streben.“
Möglichst hohe EU-Hilfe, aber geringe Solidarität
Kanzler Kurz hat dem ungarischen Amtskollegen wiederholt für die Mithilfe bei der Schließung der Balkanroute gedankt. Im Konflikt zwischen EU und den Visegrad-Staaten (EU-Ostblock) hat sich Kurz als ein Brückenbauer angeboten. Diese Rolle nimmt auch die bayerische CSU ein, bei der Orban ein und aus geht.
Je näher 2019 der Kampf um das nächste EU-Budget (von 2021 bis 2028) rückt, desto moderater werden die Schmähungen der Visegrad-Staaten gegen die EU. Ihr Ziel ist ein möglichst hoher Anteil an den Förderprogrammen bei möglichst geringen Solidaritätspflichten.
Orban hat als Feindbild für die kommende Wahl die Verteufelung der EU ausgesucht. Besonders die Kampagne gegen George Soros und dessen angeblichen Plan, mithilfe der EU Europa mit Migranten zu überschwemmen, hat die ungarische Bevölkerung hysterisiert. Am Wahlsieg von Orbán besteht deshalb kein Zweifel.
Kurt Seinitz/Kronen Zeitung
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.