3000 Kämpfer übrig
Terrorexperte warnt: „IS ist noch nicht besiegt!“
Immer wieder erreichen den Westen Meldungen aus Syrien und dem Irak, wonach die Terrormiliz Islamischer Staat bereits besiegt sei. Andere behaupten allerdings, die Dschihadisten seien wieder auf dem Vormarsch. Peter Neumann, der vom damaligen OSZE-Vorsitzenden, Bundeskanzler Sebastian Kurz, vor einem Jahr zum Anti-Terror-Beauftragten der Organisation bestellt wurde, sagt, die Extremisten seien keineswegs besiegt. Allerdings hätten sie eine schwere Niederlage erlitten: "Der Aufbau des sogenannten Kalifats ist fehlgeschlagen."
Neumann erforscht am King's College in London die Ursachen von Radikalisierung und Terrorismus. Im Interview mit der "Bild" sagt er, der IS habe sich derzeit aus vielen besetzten Gebieten zurückgezogen, "so wie sie das vor zehn Jahren schon einmal gemacht haben": "Mitte der 2000er war der IS bereits sehr aktiv und bereitete sich aus. Dann wurde er besiegt und trat erst 2013 wieder in Erscheinung."
Genau darüber würden jetzt auch die Anführer des IS sprechen, so Neumann: "Sie sprechen von einer Phase, in der der IS stark geschwächt ist, sich deshalb zurückzieht und darauf wartet, dass alle glauben, die Gefahr sei vorbei. Und dann kommen sie zurück." Zum Höhepunkt des "Kalifats" habe der IS 30.000 bis 40.000 Kämpfer gehabt. "Die Amerikaner schätzen, dass davon jetzt noch 3000 übrig sind."
Der "harte Kern" ist noch da
Diese Leute seien der "harte Kern" der Terrormiliz, erklärt der Experte: "Was jetzt übrig ist, ist eine Gruppe, die zum Teil aus Leuten besteht, die schon zu ISIS gehörten, bevor 2014 das große Kalifat ausgerufen wurde. Zum Teil sind natürlich auch noch viele Auslandskämpfer dabei, die im Laufe der Jahre nach Syrien und in den Irak gekommen sind."
Was aus dem "Kalifen" Abu Bakr al-Baghdadi wurde, ist unklar. "Die Jagd nach ihm läuft. Wir gehen nicht davon aus, dass er schon tot ist. Das hätte ISIS verkündet und gleichzeitig seine Nachfolge mitgeteilt, um Streitigkeiten und Machtkämpfe innerhalb der Gruppe zu vermeiden", so Neumann. Ein Wiedererstarken des IS in Syrien schließt der Experte nicht aus. "Die Lage dort ist noch immer ungewiss und aus chaotischen Konfliktsituationen hat der IS immer wieder in der Geschichte Kapital geschlagen."
IS verlegt sich auf Selbstmordanschläge
Zuletzt hatte sich der IS verstärkt auf Selbstmordattentate und gezielte Angriffe verlegt. So starben am Montag mindestens 15 Menschen bei einem Anschlag auf eine Einrichtung afghanischer Streitkräfte in Kabul. Am Samstag hatte ein Selbstmordattentäter in der afghanischen Hauptstadt eine Bombe in einem Rettungswagen gezündet und 40 Menschen mit in den Tod gerissen.
In der irakischen Hauptstadt Bagdad starben Mitte Jänner 31 Menschen bei zwei Selbstmordanschlägen durch IS-Attentäter im Zentrum der Stadt. Anfang Jänner berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, der IS habe sei Oktober 2017 rund 40 Dörfer im Norden der Provinz Hama unter seine Kontrolle gebracht.
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