Die deutsche Regierung hat im Verfahren um die Inhaftierung des "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ihre Stellungnahme abgegeben. Darin weist sie nach Informationen der "Welt" vom Donnerstag darauf hin, dass Yücel ausschließlich aufgrund seiner Berichterstattung inhaftiert worden sei.
Es bestehe Anlass zur Sorge, dass seine Inhaftierung in der Türkei gegen die Grundrechte und -freiheiten verstoße, wie sie in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgeschrieben seien. "Jede Unterdrückung von kritischer Berichterstattung ist mit unserem Verständnis von Pressefreiheit nicht vereinbar", sagte Justizminister Heiko Maas der Zeitung.
Die Bundesregierung werde "nichts unversucht lassen", um sich für ein rechtsstaatliches Verfahren für Yücel einzusetzen. Deswegen habe sie im Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kommt eine Stellungnahme abgegeben und darin ihre "Position sehr deutlich gemacht".
Nach Auffassung der Juristen der Bundesregierung könne sich die türkische Regierung bei der Einschränkung von Bürgerrechten nicht in jedem Fall auf den Ausnahmezustand berufen, der seit dem gescheiterten Putschversuch vom Juli 2016 herrscht, berichtete die "Welt".
"Eingriff in Freiheitsrecht nicht grenzenlos möglich"
"Wir legen in der Stellungnahme auch dar, dass selbst in einem Notstandsfall, auf den die Türkei sich aufgrund des gescheiterten Putschversuchs von 2016 beruft, ein Eingriff in das Freiheitsrecht aus Art. 5 der Konvention nicht grenzenlos möglich ist", heiße es aus dem deutschen Justizministerium. Artikel fünf der Europäischen Menschenrechtskonvention schützt Freiheit und Sicherheit der Bürger auch vor staatlichen Eingriffen.
Nach Eingang der Stellungnahme kann das Gericht eine öffentliche Anhörung zulassen oder in nicht öffentlicher Sitzung befinden. Ein Sprecher des Straßburger Gerichts hatte vergangene Woche mitgeteilt, der Gerichtshof werde voraussichtlich bis Ende Juli über die Klage Yücels entscheiden. Die Frist für die Stellungnahme der Bundesregierung lief am 1. Februar aus. Deutschland kann zu dem Fall Stellung nehmen, weil Yücel deutscher Staatsbürger ist.
Vorwurf der Terror-Propaganda
Die Türkei hatte ihre Stellungnahme Ende November nach Straßburg geschickt. Darin bekräftigte das Justizministerium in Ankara die gegen den Journalisten erhobenen Vorwürfe. Er habe in mehreren Artikeln "Propaganda zugunsten einer terroristischen Vereinigung" verbreitet und zu "Hass und Feindschaft" zwischen Türken und Kurden aufgerufen, hieß es in der 51-seitigen Stellungnahme.
Yücel hatte sich Mitte Februar vergangenen Jahres freiwillig der Polizei in Istanbul gestellt. Anschließend wurde er in Gewahrsam genommen. Seither sitzt der 44-Jährige in Untersuchungshaft.
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