Berlusconi-Sager

Flüchtlinge sind „Zeitbomben“ und „Verbrecher“

Ausland
05.02.2018 10:48

Nachdem es am Samstag im italienischen Städtchen Macerata zu einer rassistisch motivierten Schussattacke auf afrikanische Flüchtlinge gekommen war (siehe Video oben), ist in unserem Nachbarland eine Debatte um Fremdenfeindlichkeit entbrannt. In dieser hat sich am Montag auch Ex-Premierminister Silvio Berlusconi zu Wort gemeldet und mit unmissverständlichen Aussagen über Einwanderer für Aufsehen gesorgt: Der Chef der Mitte-rechts-Allianz forderte die Rückführung von 600.000 Migranten, da diese eine "soziale Zeitbombe" seien und von "Verbrechen leben".

"Die Migrationsfrage ist eine äußerst gravierende Angelegenheit. In Italien zählt man 630.000 Migranten, lediglich 30.000 haben ein Asylrecht, weil sie vor Krieg und Tod geflüchtet sind. Die anderen 600.000 sind eine Zeitbombe, die jederzeit explodieren kann, weil sie von Verbrechen leben", so Berlusconi am Sonntagabend im Interview mit dem ihm selbst gehörenden TV-Sender Canale 5. Berlusconis Mitte-rechts-Allianz gilt laut Umfragen mit 36 Prozent der Stimmen als Favoritin bei den Parlamentswahlen am 4. März.

(Bild: AFP, ASSOCIATED PRESS, krone.at-Grafik)
Der 28-jährige Italiener Luca T. nach seiner Festnahme in Macerata (Bild: AP)
Der 28-jährige Italiener Luca T. nach seiner Festnahme in Macerata

Lega Nord für mehr Entschlossenheit gegen illegale Einwanderer
Auch der mit Berlusconis Partei Forza Italia verbündete Chef der ausländerfeindlichen Lega Nord, Matteo Salvini, forderte mehr Entschlossenheit gegen illegale Einwanderer. "In Italien muss man die Regeln respektieren. Migranten ohne Aufenthaltsgenehmigung, die vom Drogenhandel leben, sollen ausgewiesen werden", so Salvini im Interview mit dem TV-Kanal La 7 am Sonntagabend. Ihm gehe es nicht um Rassismus, sondern um Ordnung. "Das Problem ist nicht die Einwanderung an sich, sondern die illegale Einwanderung. Dank der letzten Regierungen sind 800.000 Migranten nach Italien gezogen. Ich möchte ein Italien, in dem man ruhig leben und arbeiten kann", sagte Salvini.

Einschlusslöcher in einer Glastür an einem der Tatorte in Macerata (Bild: AFP)
Einschlusslöcher in einer Glastür an einem der Tatorte in Macerata
Mit dieser Glock schoss der Italiener Luca T. aus dem Auto auf mehrere Afrikaner. (Bild: AFP)
Mit dieser Glock schoss der Italiener Luca T. aus dem Auto auf mehrere Afrikaner.

Scharfe Kritik an Berlusconis und Salvinis Aussagen
Scharfe Kritik musste Salvini daraufhin von Industrieminister Carlo Calenda, Spitzenpolitiker der Mitte-links-Regierungspartei Partito Democratico, einstecken. "Berlusconis Aussagen sind überraschend, doch er und Salvini haben nichts gemeinsam. Salvini hetzt zu Hass gegen die Linke mit Slogans über die weiße Rasse und über eine angebliche Migranteninvasion auf", so Calenda. Der Chef des Linksbündnisses Liberi e uguali (Frei und gleich), der scheidende Senatspräsident Pietro Grasso, warf Berlusconi vor, "Märchen" zu erzählen. "Von einer Massenheimführung von Migranten zu sprechen, ist unzumutbar", protestierte Grasso als Gast der von der öffentlich-rechtlichen RAI 1 gesendeten Talkshow "Unomattina" am Montag. 

Ein Bild vom Tatort in Macerata zeigt eine am Boden liegende Patronenhülse von einem der auf Afrikaner abgefeuerten Schüsse des 28-jährigen Italieners. (Bild: AP)
Ein Bild vom Tatort in Macerata zeigt eine am Boden liegende Patronenhülse von einem der auf Afrikaner abgefeuerten Schüsse des 28-jährigen Italieners.

Schüsse als Rache für ermordete Italienerin
Am Samstag hatte ein 28-jähriger Schütze auf der Straße in Macerata auf mehrere Afrikaner geschossen. Insgesamt nahm der Täter elf Personen, von denen sechs Verletzungen davongetragen hatten, ins Visier. Seine Opfer hatte der Mann, der bei den Kommunalwahlen 2017 Kandidat der Lega Nord gewesen war, den Behörden zufolge wegen ihrer Hautfarbe ausgewählt. Die Schüsse waren als Racheaktion für den Mord an einer 18-jährigen Italienerin gedacht. Deren zerstückelte Leiche war wenige Tage zuvor in zwei Koffern entdeckt worden. Ein aus Nigeria stammender Migrant und Drogendealer sitzt deshalb in Untersuchungshaft. Der Schütze wollte eigentlich den Nigerianer während des Prozesses töten, änderte dann jedoch seinen Plan und schoss stattdessen in Macerata auf die Afrikaner.

Der grausame Mord an der 18-jährigen Pamela Mastropietro erschütterte Italien. Die Leiche des Mädchens war zerstückelt in zwei Koffern gefunden worden. (Bild: twitter.com)
Der grausame Mord an der 18-jährigen Pamela Mastropietro erschütterte Italien. Die Leiche des Mädchens war zerstückelt in zwei Koffern gefunden worden.

Angst vor Nachahmungstätern
Die italienische Polizei ermittelt in rechtsextremen Kreisen und hat am Montag entsprechende Parteien und Gruppierungen kontrolliert. Vor allem in Rom wurden neofaschistische Gruppierungen unter die Lupe genommen, berichtete die Tageszeitung "Corriere della Sera". Man beobachte auch Internetportale mit rechtsextremer Propaganda, die zu gewalttätigen Aktionen gegen Migranten aufhetzen, hieß es. Es besteht die Befürchtung, dass die Tat des 28-Jährigen Nachahmer findet.

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