Holocaust-Gesetz
Polen: Israels Minister wird nicht empfangen
Das polnische Parlament hat mit dem Beschluss eines neuen Holocaust-Gesetzes weltweit für Aufregung gesorgt. Das Gesetz, das noch von Präsident Andrzej Duda unterzeichnet werden muss, sieht neben Geld- auch Haftstrafen von bis zu drei Jahren vor, wenn jemand unter anderem "öffentlich und entgegen den Fakten" dem polnischen Volk oder Staat die Verantwortung oder Mitverantwortung für von Nazi-Deutschland begangene Verbrechen zuschreibt. Das hat nun zu einer diplomatischen Krise zwischen Polen und Israel geführt. Der israelische Bildungsminister Naftali Bennett reagierte am Montag ungehalten, nachdem Polen eine von ihm angekündigte Reise nach Warschau abgesagt hatte. "Die polnische Regierung hat meinen Besuch abgesagt, weil ich die Verbrechen ihres Volkes erwähnt habe", so Bennett laut seinem Sprecher.
Zuvor hatte es noch geheißen, Teams beider Seiten sollten beim Versuch einer Annäherung einen bilateralen Dialog über historische und juristische Fragen aufnehmen. Bennett teilte am Montag zunächst mit, er werde am Mittwoch in Polen einen ranghohen Regierungsvertreter sowie Studenten treffen. "Die Botschaft ist klar: Die Vergangenheit kann nicht umgeschrieben werden, aber wir können die Zukunft zusammen schreiben", sagte Bennett. "Ich werde die Wahrheit sagen, wo die Wahrheit geschehen ist", so Bennett. Es gebe Tausende von Polen, die als "Gerechte unter den Völkern" anerkannt worden seien, weil sie während des Holocaust unter Einsatz ihres Lebens Juden retteten. Aber es gebe auch "viele, zu viele, die aktiv an der Misshandlung, Demütigung und Tötung von Juden teilgenommen haben". Ein polnischer Regierungssprecher sagte daraufhin nach Angaben der staatlichen polnischen Nachrichtenagentur PAP, ein Besuch Bennetts werde nicht stattfinden.
Nach der Absage seiner Visite sagte Bennett: "Das Blut polnischer Juden schreit aus der Erde, und kein Gesetz wird es zum Schweigen bringen." Die Todeslager seien zwar von Deutschen gebaut und betrieben worden, "viele Polen haben sich jedoch im ganzen Land an der Verfolgung, Denunzierung oder aktiv am Mord an mehr als 200.000 Juden beteiligt, während und nach dem Holocaust", sagte Bennett.
Gabriel: "Für Vernichtungslager waren Deutsche verantwortlich"
Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel hatte bereits am Samstag erklärt, dass es "nicht den geringsten Zweifel" daran gebe, wer für die Vernichtungslager in Polen verantwortlich gewesen sei: "nämlich Deutsche". Polen könne sich darauf verlassen, "dass jede Art der Geschichtsverfälschung wie der Begriff 'polnische Konzentrationslager' bei uns auf klare Ablehnung stoßen und scharf verurteilt wird". Der polnische Außenminister bedankte sich bei Gabriel für seine Worte.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.