2025 „realistisch“
EU-Beitrittsperspektive für Westbalkan-Staaten
Die EU-Kommission hat den auf dem Weg in die EU am weitesten fortgeschrittenen Balkanstaaten Serbien und Montenegro eine Beitrittsperspektive für 2025 gegeben. Die Länder seien derzeit noch "weit davon entfernt, die Bedingungen zu erfüllen", sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Dienstag vor dem EU-Parlament in Straßburg, das Datum 2025 solle sie aber motivieren.
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini erklärte, 2025 sei "kein Zieldatum und keine Frist", sondern "eine realistische Perspektive" für den Abschluss des Beitrittsprozesses. EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn betonte, es sei "ein indikatives Datum", das ehrgeizig, aber machbar sei, wenn die Bedingungen erfüllt würden. Der EU-Kommissar brach unmittelbar nach der Vorstellung der Strategie im EU-Parlament in Straßburg nach Serbien und Montenegro auf, um dort Gespräche zu führen.
Westbalkan-Strategie: "Gemeinsame Zukunft in der Union"
In ihrer am Dienstag vorgelegten Westbalkan-Strategie bekennt sich die EU-Kommission dazu, allen sechs Ländern in der Region - Serbien, Montenegro, Mazedonien, Albanien, Bosnien-Herzegowina und auch dem Kosovo - eine Beitrittsperspektive zu geben. "Es ist klar, dass wir eine gemeinsame Zukunft in der Europäischen Union teilen werden", sagte Mogherini.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) begrüßten die Strategie. Er stimme mit Juncker darin überein, dass die EU-Perspektive für die sechs Westbalkan-Staaten "im politischen, sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Interesse der Union" liege, so Kurz in einer Aussendung.
Kurz: "Dürfen Westbalkan nicht aus den Augen verlieren"
"Auch wenn die Europäische Union derzeit vor internen Herausforderungen wie dem Brexit steht, dürfen wir trotzdem den Westbalkan nicht aus den Augen verlieren. Wir müssen eine aktive Rolle in dieser für uns wichtigen Region einnehmen und den Kampf gegen Korruption und Radikalisierung unterstützen. Dazu ist es notwendig, den Staaten eine glaubhafte EU-Perspektive zu bieten", so Kurz. Österreich wolle sich während seines EU-Vorsitzes ab Juli für Fortschritte in der EU-Perspektive der Region einsetzen.
Das Datum 2025 für den Abschluss des Beitrittsprozesses "sollte unsere Freunde am Westbalkan anspornen und ihnen helfen, schwierige Reformen umzusetzen, die für Wohlstand und Sicherheit nötig sind", sagte Kneissl. Es liege in erste Linie an Serbien, Montenegro, Albanien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo, ihre Annäherung an die Europäische Union zu beschleunigen, "durch zügige und messbare Fortschritte in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Korruptionsbekämpfung und vor allem Versöhnung mit den jeweiligen Nachbarn".
Berichte zu Kandidatenländern im April
Im April will die EU-Kommission ihre Länderberichte zu den Kandidatenländern, darunter auch die Türkei, vorlegen. Beim Gipfel mit den Westbalkan-Staaten am 17. Mai in der bulgarischen Hauptstadt Sofia soll die europäische Perspektive für die ganze Westbalkan-Region bekräftigt werden - 15 Jahre nachdem diese Staaten erstmals eine solche EU-Perspektive erhalten haben. Offiziellen EU-Kandidatenstatus haben neben Montenegro und Serbien auch Mazedonien und Albanien, ohne dass mit den beiden letztgenannten Ländern bereits Beitrittsgespräche stattfänden.
Die Frage, ob Serbien vor einem EU-Beitritt die Unabhängigkeit des Kosovo anerkennen müsse, ließ Mogherini unbeantwortet. Hahn sagte, der Mordanschlag auf den kosovarischen Serbenführer Oliver Ivanovic im Jänner hätte vor einigen Jahren noch zu einer explosiven Lage geführt. Nunmehr hätten die Präsidenten Serbiens und des Kosovo, Aleksandar Vucic und Hashim Thaci, miteinander telefoniert und die Situation entspannt. Die Strategie sollte auch für den Kosovo ein Anreiz sein, den Dialog mit Serbien zu führen.
Hahn über Österreich-Einfluss: "Wir sollten uns nicht verstecken"
Begleitet wird die Westbalkan-Strategie der EU-Kommission von 52 Flaggschiff-Projekten in den sechs Schlüsselbereichen Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit und Migration, sozial-wirtschaftliche Entwicklung, Verkehr und Energie, Digitales sowie Versöhnung, die die Länder der Region von 2018 bis 2020 mit finanzieller Unterstützung erfüllen sollen. Dafür sollen rund 500 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt bereitgestellt werden, sagte Hahn. Den immer wieder behaupteten Einfluss Russlands am Balkan relativierte Hahn: "Österreich hat viermal so viel in Serbien investiert wie Russland. Wir sollten uns nicht verstecken."
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