Vor zwei Monaten wurde die neue ÖVP/FPÖ-Bundesregierung angelobt. Eine erste Zwischenbilanz sollte eigentlich Routinesache sein. Doch jenseits von Aufregern und Eigenlob sowie genauso inszenierter Kritik der Opposition ist das inhaltlich gar nicht mal so einfach.
Parteipolitische Behauptungen, dass die laufenden Landtagswahlen vom Bund beeinflusst würden, sind Wunschdenken oder Ausreden. In Niederösterreich zeigte sich, dass die Regierung gut findet, wer schon in der Nationalratswahl 2017 für ÖVP oder FPÖ war. Wähler anderer Parteien halten sie für schlecht. Die Veränderungen sind gering.
Bei Landtagswahlen ist Bundesregierung weniger wichtig
Warum sollte das an den kommenden Wochenenden in Tirol oder Kärnten anders sein? Nach so kurzer Regierungszeit hängt das Ergebnis mehr davon ab, welche Landespartei stark oder schwach ist. Die niederösterreichische und Tiroler ÖVP haben oft Wahlerfolge erzielt. Dasselbe gilt für die Kärntner SPÖ und FPÖ. Im jeweils anderen Bundesland ist es umgekehrt. Sebastian Kurz, Heinz-Christian Strache & Co. sind weniger wichtig.
Spontan fallen auch Handlungen der Regierung ein, die Nebelgranaten sind. Tempo 140 und eine berittene Polizei entscheiden nicht die Zukunft Österreichs. Vom Rauchen sterben Menschen, doch wird das Ende des Rauchverbots in Lokalen kaum die Regierung platzen lassen.
Als Partei an der Macht plötzlich nicht mehr für Volksabstimmung
Gefährlich ist für die FPÖ nur, dass man als Partei an der Macht plötzlich keine Volksabstimmung dazu will. Hinzu kamen Uneinigkeiten bei der Mindestsicherung. Plus für Strache als Regierungspolitiker unwürdige Beleidigungen von Medien und Journalisten sowie die im Gedenkjahr 2018 beschämend späte Debatte über unsere Nazi-Vergangenheit.
Was der Regierung anfangs gelang und wo die SPÖ versagt, das war die Kommunikation. Es geht nicht darum, wer sprachlich besser drauf ist. In einem Aktion-Reaktion-Schema gibt primär die ÖVP ihre Wunschthemen vor. Rote Politiker äußern sich kritisch, hecheln aber hinterher.
Mit allem Respekt übrigens: Ein Foto, das den Bundeskanzler nach dem Opernball beim Würstelstand zeigt, das ist politisch so egal wie der sprichwörtliche Fahrradumfaller in China. Trotzdem haben die Kurz’schen Werbeprofis geknipst und Medien es willig abgedruckt.
Die ÖVP trommelt zudem, dass von Familienbonus bis Deutschklassen Wahlversprechen auf den Weg gebracht wurden. Das ist richtig. Obwohl die Wörter keine Fachbegriffe sind, sondern von PR-Experten erfunden und nachgeplappert wurden.
Viele Geldversprechen – etwa Mindestlöhne für Wenigverdiener oder gar keine Körperschaftssteuer für gut verdienende Selbstständige – sind freilich offen. Daran wird die Bundesregierung gemessen werden.
Peter Filzmaier ist Professor für Politikwissenschaft
an der Donau-Universität Krems und der Karl-Franzens-Universität Graz.
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