Nicht 15, sondern 20
Mia (15) erstochen: Afghane älter als angegeben
Der mutmaßliche Mörder der 15-jährigen Mia aus der deutschen Stadt Kandel ist einem Gutachten zufolge älter als bisher angenommen. Demnach ist der Ex-Freund des am 27. Dezember in einem Drogeriemarkt erstochenen Mädchens wahrscheinlich etwa 20 Jahre alt, wie die Staatsanwaltschaft Landau am Dienstag mitteilte. Bislang hatte der Flüchtling aus Afghanistan als 15 Jahre alt gegolten. Der junge Mann war kurz nach dem tödlichen Messerangriff festgenommen worden und sitzt wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Das Alter des Verdächtigen ist wichtig für ein späteres Gerichtsverfahren.
Ob in Deutschland Erwachsenen- oder Jugendstrafrecht angewendet wird, beeinflusst etwa das Strafmaß bei einer Verurteilung: Nach Jugendstrafrecht sind maximal fünf Jahre Haft möglich, bei Mord in der Regel bis zu zehn Jahre. Bei Mord in besonders schweren Fällen und nur bei Heranwachsenden (nicht bei Jugendlichen) können es auch maximal 15 Jahre Haft sein. Nach Erwachsenenstrafrecht wird Mord in der Regel mit einer lebenslangen Haftstrafe geahndet, zudem ist in besonders schweren Fällen anschließende Sicherungsverwahrung möglich.
Gutachter: Täter gilt als Heranwachsender und nicht als Erwachsener
Wie die "Bild"-Zeitung am Dienstag berichtete, wird in dem Gutachten der Staatsanwaltschaft zufolge von einem absoluten Mindestalter von siebzehneinhalb Jahren ausgegangen, das wahrscheinlichste Lebensalter sei aber etwa 20 Jahre. Damit sei davon auszugehen, dass der Verdächtige zur Tatzeit Ende Dezember noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet habe. Er gelte somit als Heranwachsender und nicht als Erwachsener im strafrechtlichen Sinn. Bei Angeklagten im Alter zwischen 14 und 17 Jahren gilt immer Jugendstrafrecht. Rechtlich möglich ist das in den meisten Fällen auch bei Heranwachsenden, die zur Tatzeit 18 bis 21 Jahre alt waren.
Afghane schweigt zu Vorwürfen
Im Fall Kandel, der deutschlandweit Entsetzen ausgelöst hatte, sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. "Neben der Vernehmung von Zeugen dauert insbesondere die Auswertung der bei dem Beschuldigten sichergestellten Mobiltelefone an", erklärten die Ermittler. Der Verdächtige schweige zu den Vorwürfen. Schon kurz nach der Tat waren Zweifel aufgekommen, ob der Festgenommene tatsächlich erst 15 ist, der Kreis Germersheim, bei dem das zuständige Jugendamt angesiedelt ist, hatte aber eine Volljährigkeit ausgeschlossen.
Vermutetes Alter beim ärztlichen Erstscreening festgestellt
Festgestellt worden war das Alter des Tatverdächtigen dem Kreis zufolge 2016 in Frankfurt nach einer "Inaugenscheinnahme" und einem sogenannten ärztlichen Erstscreening. "Weder wenn man jemanden befragt, noch wenn man jemanden untersucht, gibt es hundertprozentige Sicherheit", erklärte Manuela Skotnik vom Sozialdezernat Frankfurt. Zudem müsse man im Jugendhilferecht immer von der untersten Altersgrenze ausgehen. Später gab die Staatsanwaltschaft Landau ein Gutachten in Auftrag, um das Alter feststellen zu lassen. Bei der Untersuchung wurden Hand, Gebiss und Schlüsselbeine geröntgt.
Täter ohne Ausweis als Flüchtling nach Deutschland gekommen
Der junge Mann war ohne Ausweis nach Deutschland gekommen und hatte selbst sein Geburtsdatum mit 1.1.2002 angegeben. Er wurde daher als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling eingestuft. Sein Asylantrag wurde nach Angaben der Ermittler im Februar 2017 abgelehnt, zugleich sei aber ein Abschiebeverbot nach dem Aufenthaltsgesetz festgestellt worden. Der Tatverdächtige war nach seiner Registrierung in Frankfurt ins pfälzische Germersheim gebracht worden und lebte dort zunächst in einer Jugendhilfeeinrichtung. Anschließend zog er in eine betreute Jugendwohngruppe in Neustadt an der Weinstraße.
Mehrere Monate war er mit dem 15-jährigen Opfer zusammen, bis das Mädchen Anfang Dezember Schluss machte und ihn Mitte Dezember anzeigte - wegen Beleidigung, Nötigung, Bedrohung und Verletzung persönlicher Rechte. Auch der Vater des Mädchens war deshalb zweimal bei der Polizei gewesen.
ARD-"Tagesschau" berichtete zunächst nicht über Mord an Mädchen
Nach Bekanntwerden der Tat sorgte die ARD für Wirbel im Internet, da der Sender in der "Tagesschau" zunächst nicht über den Mord informierte. Der Fall wurde schlichtweg nicht thematisiert, was den ARD-Nachrichten den Vorwurf einbrachte, sie würden bewusst etwas verschweigen. Die Verantwortlichen sahen sich angesichts der Kritik zum Handeln gezwungen und gaben wenig später eine Erklärung ab.
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