„Krone“-Analyse
Es isch Zeit zu wählen in Tirol!
Exakt 537.273 Tiroler wählen heute ihre 36 Volksvertreter. Sie bestimmen, welche Parteien und Kandidaten bis 2023 im Landtag mit Sitz in Innsbruck Platz nehmen. Die dortigen Mehrheiten entscheiden, welche Koalition regiert und wer der Landeshauptmann ist.
1. Die Zahl der Wähler in Tirol klingt groß. Neutral betrachtet sind es 8,4 Prozent der Wahlberechtigten in Österreich. Folgerichtig wäre der Einfluss des Landes auf die Bundespolitik im Bereich von unter einem Zehntel und somit gering. Obwohl stolze Tiroler das nicht gerne hören.
2. Die symbolische Bedeutung der Wahl ist trotzdem nicht zu unterschätzen. Ein Aspekt ist – wie vor vier Wochen in Niederösterreich – wie stark die Landeschefs der ÖVP bleiben. In Tirol tritt nicht im Sinn von Sebastian Kurz eine "neue Volkspartei" an, sondern werden traditionelle Wurzeln betont. Auf dem Stimmzettel steht "Landeshauptmann Günther Platter Tiroler Volkspartei".
Die Parteifarbe ist schwarz, von türkis wollte Platter nichts wissen. Für Kurz ergibt sich hier eine Schere im Kopf: Natürlich möchte er Spitzenergebnisse in den Ländern. Allerdings haben zu mächtige ÖVP-Landesfürsten jahrzehntelang ihren Bundesparteivorsitzenden quasi am Nasenring durch die politische Manege gezogen und als Befehlsempfänger regionaler Wünsche behandelt.
3. Als Spannungsmoment kommt hinzu, dass sechs (!) Parteien – von "Vorwärts" mit vielen Ex-ÖVP-lern über das Team Stronach bis zu KPÖ und Piraten – die 2013 zusammen fast ein Fünftel der Stimmen erhielten, nicht mehr antreten. Daher sind rund 60.000 Wähler sozusagen frei verfügbar. Also könnten sich heute Abend sämtliche Parteien als "lauter Gewinner" aufführen.
Zur Wahl stehen acht Listen: ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne und NEOS sind jenseits von Tirol ebenso bekannt. Lokale Größen sind die einst von Fritz Dinkhauser als ÖVP-Präsident der Arbeiterkammer gegründete Liste Fritz sowie als "Vorwärts"-Abspaltungen "impuls" und "family". Weil die diversen Abwanderer aus der ÖVP geschwächt wirken, muss sich Platter keine Sorgen machen, dass er mit seiner Partei nicht wiederum klar Erster und Landeshauptmann wird.
4. Anders als im Bund regiert Platter freilich mit den Grünen. Rechnerisch werden ihm auch Koalitionen mit SPÖ und FPÖ auf jeden Fall offen stehen. Das Rennen um den zweiten Platz ist im Grunde ein Muster ohne Wert. In Wahrheit geht es darum, ob die Tiroler ÖVP bei der grünen Ehe bleibt oder den Partnertausch will.
Eine Sache, die ein demokratiepolitisches Debakel war, sollte sich nicht wiederholen: Die Wahlbeteiligung betrug zuletzt nur magere 60 Prozent. Auf Tirolerisch: "Mander und Weiberleit, es isch Zeit, zur Wahl zu gehen!"
Peter Filzmaier, Kronen Zeitung
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