Die ehemalige Grünen-Chefin Eva Glawischnig-Piesczek startet nach ihrer politischen nun eine neue Karriere - beim niederösterreichischen Glücksspielkonzern Novomatic. Ihren „kritischen Geist“ werde sie „nicht aufgeben“, sagte sie am Freitag. In den sozialen Medien ergießt sich Spott wegen Glawischnigs überraschendem Posten als „Verantwortungs- und Nachhaltigkeitsmanagerin“ bei dem Unternehmen - haben sich die Grünen doch bisher dem Glücksspiel gegenüber sehr kritisch geäußert und auch die Praktiken von Novomatic teilweise scharf verurteilt. Glawischnig zog am Freitagnachmittag nach der massiven Kritik die Konsequenzen und legte ihre Parteimitgliedschaft zurück.
Ein Dreivierteljahr nach ihrem Rückzug aus der Politik wurde am Freitag bekannt, was der neue Job der ehemaligen Chefin der Grünen ist: Sie wird „Head of Corporate Responsibility and Sustainability“ (Verantwortung und Nachhaltigkeit, Anm.) bei Novomatic. Sie selbst sieht sich als "Verantwortungsmanagerin" und will sich für Novomatic um ökologische und juristische Fragen sowie um verantwortungsvolles Spielen kümmern.
Parteiausschuss nach Kritikwelle
In ihrer ehemaligen Partei kam der Jobwechsel nicht gut an. Am Nachmittag zog Glawischnig dann die Konsequenzen: „Eva Glawischnig hat mir in einem Gespräch zugesichert, dass sie ihre Mitgliedschaft bei den Grünen zurücklegt“, ließ Grünen-Bundessprecher Werner Kogler wissen. „Wenn Eva Glawischnig sich als Privatperson für eine Tätigkeit bei Novomatic entschließt, ist das natürlich ihre Sache,“, für die Grünen gelte aber, was immer gegolten habe: „Wir haben uns in der Vergangenheit immer mit der Glücksspielbranche und den dazugehörigen Konzernen angelegt und vor allem bei Novomatic völlig zu Recht. Und wir werden die Machenschaften dieses Konzerns auch weiterhin kritisieren und gegebenenfalls bekämpfen“, so Kogler.
„Meinen kritischen Geist kann und werde ich nicht aufgeben“
Mit 1. März hat die langjährige Bundessprecherin der Grünen die Position übernommen. Ihr Werte würden aber dieselben bleiben. „Meinen kritischen Geist kann und werde ich nicht aufgeben“, sagte Glawischnig am Freitag bei einer Pressekonferenz. Kurz zuvor habe sie ihre engsten früheren Parteikollegen informiert, die Empörung sei ausgeblieben. Ihr sei aber klar, dass die Entscheidung viele „überraschen, manche vielleicht irritieren“ werde.
Glawischnig wetterte 2017 über Novomatik wegen Beeinflussung von Gesetzen
Vor nicht einmal einem Jahr warf Glawischnig ihrem neuen Arbeitgeber noch Gesetzeskauf vor. In der ORF-Sendung „Im Zentrum“ am 9. April 2017 sprach sie noch als Grünen-Chefin davon, „dass die, die halt Geld haben, Einfluss haben, wie die Novomatic, ich spreche es auch offen aus, auch wirklich Gesetze beeinflussen“.
Die Vorwürfe des Gesetzeskaufs gegen Novomatic tauchten 2012 im parlamentarischen „Untersuchungsausschuss zur Klärung von Korruptionsvorwürfen“ auf. Der Glücksspielkonzern wollte demnach 2006 gemeinsam mit der Telekom Austria in das Online-Glücksspiel einsteigen, sie bedienten sich dafür des Lobbyisten-Duos Walter Meischberger und Peter Hochegger. Sie sollten eine Lockerung des Glücksspielmonopols erreichen, die von der schwarz-orangen Koalition dann auch vorbereitet wurde - ohne Information von Platzhirsch Casinos Austria. Lotterien-Vorstand Friedrich Stickler berichtete im Ausschuss, wie er das Projekt durch Intervention bei der ÖVP im letzten Moment zu Fall bringen konnte. Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer vermutete im U-Ausschuss allerdings, dass das BZÖ nur vom Projekt abrückte, weil die Casinos der Partei 300.000 Euro für eine neun Seiten lange „Studie“ über „Responsible Gaming“ bezahlten.
Glawischnig: Verdienst nicht höher als als Klubobfrau
An Novomatic fasziniere sie vor allem die Internationalität, sagt Glawischnig nun. Nach ihrem Abschied aus der Politik habe sie überlegt, was sie interessiere - und das seien eben große „Konzerntanker“ bzw. die Industrie gewesen. Sie habe auch andere Angebote gehabt, sich dann aber bewusst für Novomatic entschieden, obwohl sie da nicht mehr verdiene als als Klubobfrau der Grünen.
Grüne: „Novomatic-Machenschaften weiterhin bekämpfen“
Die Grünen haben sich bisher dem Glücksspiel gegenüber sehr kritisch geäußert und auch die Praktiken von Novomatic teilweise scharf verurteilt. Aus den grünen Reihen ließ - indirekte - Kritik nicht lange auf sich warten. Man werde die „Novomatic-Machenschaften weiterhin bekämpfen“, deponierte der Wiener Grünen-Klubobmann David Ellensohn. „Der Konzern Novomatic ist mittlerweile rechtskräftig vom OGH verurteilt worden, weil er jahrelang Glücksspielautomaten in Wien aufgestellt hat, die nicht dem Gesetz entsprochen haben.“ Glawischnig nannte er aber nicht persönlich. Ellensohn gehe es nicht um „einzelne MitarbeiterInnen“, sondern um die Praktiken des gesamten Konzerns.
„Bald vegan gefütterte Spielautomaten und Wetten auf Bioschweine-Rennen?“
Glawischnig gab zu, dass sie mit Kritik rechne - was auch in Ordnung sei. Die Reaktionen in den sozialen Medien auf den überraschenden Jobantritt Glawischnigs ließen jedenfalls nicht lange auf sich warten:
Nicht die erste (Ex-)Politikerin bei Novomatic
Glawischnig ist nicht die erste (Ex-)Politikerin, die bei Novomatic anheuert. Der nunmehrige EU-Kommissar Johannes Hahn war von 1997 bis 2003 während seiner Zeit als Wiener Landtagsabgeordneter (ÖVP) Novomatic-Vorstand. Der frühere SPÖ-Innenminister Karl Schögl wiederum saß von 2004 bis 2011 im Aufsichtsrat des Unternehmens. Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) beriet Novomatic in Südamerika und Osteuropa und war auch Aufsichtsrat der deutschen Tochter Löwen Entertainment.
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