Mit einem Maßnahmenbündel für den Standort räumt die Regierung der Wirtschaft den Vorrang ein. „Ich sehe das überhaupt nicht im Widerspruch zum Umweltschutz“, sagte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Mittwoch im Pressefoyer nach dem Ministerrat. Geplant sind auch ein Standortgesetz, kürzere Umweltverträglichkeitsprüfungen und weniger Bürokratie für Unternehmer.
Kurz sagte, die Unternehmer und ihre Mitarbeiter würden unter einer Regulierungswut leiden - vor allem kleinere und mittlere Firmen ohne große Rechtsabteilungen. Es brauche generell ein stärkeres Bewusstsein für den wirtschaftlichen Erfolg eines Landes, der auch den Sozialstaat finanziere, so der Kanzler.
Milliarden-Investitionen in Bahn, dritte Piste in Schwechat
Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) sagte, man wolle eine wirtschaftsfreundliche Regierung sein. Er verwies auf die angekündigten zwei Milliarden Euro schweren Bahninvestitionen sowie den Bau der dritten Piste am Flughafen Wien.
Wirtschaftswachstum, Standort und Beschäftigung werden außerdem, so sich eine Zweidrittelmehrheit findet, neben Umweltschutz zu in der Verfassung verankerten Staatszielen. Der Formulierungsvorschlag lautet: „Die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zu einem wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort, als Voraussetzung für Wachstum und Beschäftigung.“
Opposition skeptisch
Die für die Verfassungsmehrheit infrage kommenden Oppositionsparteien SPÖ und NEOS sind bezüglich der Staatsziel-Änderung skeptisch, die NEOS für Verhandlungen aber offen. Nichtregierungsorganisationen befürchten, dass durch das neue Staatsziel der Umweltschutz ins Hintertreffen gerät. Auch Verfassungsjuristen stehen auf der Bremse. Theo Öhlinger sagte im Ö1-„Morgenjournal“: „Das ist ein Akt, der sowohl überflüssig als auch letztlich sinnlos ist.“
Bis Ende Juni 2018 soll Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) ein Standortentwicklungsgesetz ausarbeiten. Ziel sei, Infrastrukturprojekte schneller zu genehmigen. Weiters soll unter anderem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz evaluiert werden. So soll „zur ausgewogenen Gewichtung der von einem Vorhaben betroffenen öffentlichen Interessen ein Standortanwalt eingerichtet werden“, wie es im Ministerratsvortrag heißt.
Mehr beraten statt strafen
Zu den weiteren Punkten zählt eine Erweiterung der Genehmigungsfreistellungsverordnung (wovon 18.000 Unternehmen profitieren sollen) sowie die Reduktion der Beauftragen in Firmen, außerdem sollen Behörden Unternehmer mehr beraten statt strafen. Die Strafhöhe soll sinken, indem es statt Mehrfachstrafen (Kumulationsprinzip bei Verwaltungsübertretungen) nur noch eine Strafe gibt.
Im Bereich der Ausbildung plant die Regierung eine „Gesamtstrategie“ zur Lehre mit neuen und überarbeiteten Lehrberufen. Der Meister wird dem Ingenieur und Bachelor im Nationalen Qualifikationsrahmen gleichgestellt. Ebenfalls zum Paket zählt die Regierung den neuen Schulgegenstand „Digitale Grundbildung“, der als verbindliche Übung im Herbst 2018 in den Regelbetrieb geht.
Zwölf-Stunden-Arbeitstag noch heuer?
Nicht enthalten in dem beschlossenen Maßnahmenbündel sind die für diese Regierungsperiode angekündigte Steuersenkung für Unternehmen und die Einführung des Zwölf-Stunden-Arbeitstages. Erstgenanntes ist im Zug einer Steuerreform 2020 geplant, Zweiteres will Regierungschef Kurz in der ersten Hälfte oder gar im ersten Jahr der Regierungsperiode, also noch heuer, umsetzen. Wirtschaftsministerin Schramböck sagte, man arbeite am Zwölf-Stunden-Tag, dies sei eine große Forderung der Unternehmen.
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