In der Affäre rund um Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen Beamte des Verfassungsschutzes (BVT) hat sich am Freitagnachmittag das Justizministerium zu Wort gemeldet. Generalsekretär Christian Pilnacek erklärte dazu, man gehe davon aus, dass die Vorwürfe der WKStA begründet und die Vorgehensweise an sich korrekt gewesen seien. Besonders betonte er, dass nach seinem Wissensstand keine Falldaten der Extremismusabteilung kopiert worden seien. Sobald der Bericht der Ermittlungsbehören vorliege, werde man aber sehr wohl die Verfahrensabläufe und die Verhältnismäßigkeit überprüfen. Zuvor hatte die Opposition eine Sondersitzung angekündigt, nachdem bekannt geworden war, dass die Abteilung für Straßenkriminalität die Razzia unter der Leitung eines FPÖ-nahen Polizeibeamten durchgeführt hatte.
Ein Staatsstreich - oder doch alles korrekt? Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Die Optik der Vorgänge rund um das BVT ist dennoch keine besonders gute, das musste auch Pilnacek am Freitag in einer eilens einberufenen Pressekonferenz zugeben: „Die Sache ist für uns von besonderer Bedeutung, weil hier Verdachtsmomente von der WKStA aufzuklären sind, die in Richtung BVT gehen.“ Allerdings sei das Justizministerium vorab nicht von den Ermittlungen informiert gewesen - gemäß einer Gesetzesnovelle aus dem Jahr 2016 passiert das nämlich immer erst anschließend, um jede mögliche Einflussnahme auszuschließen: „Wir wurden daher erst am Tag nach der Hausdurchsuchung und den Sicherstellungen informiert.“
Die rechtliche Gesamtverantwortung trage hier allerdings sowieso die Staatsanwaltschaft, deren Anordnung zur Hausdurchsuchung auch durch ein Gericht bewilligt worden war, so Pilnacek. Bei den Sicherstellungen im BVT-Gebäude am Rennweg sei daher auch die fallführende Staatsanwältin selbst anwesend gewesen. Die elektronischen Daten seien von IT-Experten gesichert worden. Dem Vorwurf, dass auch Dateien der Abteilung zur Bekämpfung von Extremismus kopiert worden seien, widerspricht Pilnacek - zumindest teilweise. „Es wurden keine Falldaten sichergestellt, sondern nur Ordner mit privaten Inhalten, rund 19,1 GB an Daten. Es gab die Annahme aufgrund eines Naheverhältnisses zu einem der Beschuldigten, dass sich in diesem Ordner relevante Daten befinden. Es ist aber möglich, dass sich etwas in einem als privat gekennzeichneten Ordner befunden hat.“
„Innenministerium hat keinen Zugriff auf Daten“
Pilnacek betonte zudem, dass die Polizeibeamten, die zur Sicherung des Einsatzes anwesend waren, ebenso wenig Zugriff auf die Dateien hatten, wie das Innenministerium selbst: „Die Daten befinden sich nun in einem speziell gesicherten Raum, nur die fallführende Staatsanwältin und der IT-Experte haben Zutritt.“ Massive öffentliche Kritik gab es zuletzt auch daran, dass die Hausdurchsuchung durch die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) begleitet wurde, die unter Führung eines FP-Funktionärs steht. Laut Pilnacek wurde die Entscheidung dazu von Staatsanwaltschaft und Innenministerium gemeinsam getroffen. Möglicherweise habe man „verhindern wollen, dass Beamte dabei sind, die durch ihre Mitarbeit an Fällen des BVT involviert sind“.
Allerdings wolle man hier sehr wohl Vorgehensweise und Verhältnismäßigkeit prüfen, sobald der Bericht des Innenministeriums vorliegt. Ins Rollen gebracht war die Affäre übrigens auch durch das FPÖ-geführte Innenministerium (BMI) worden, wie Pilnacek erklärte: „Nachdem dem BMI Verdachtsmomente bekannt geworden sind, musste es gemäß rechtlicher Verpflichtung Anzeige erstatten.“ Der Vorwurf gehe in Richtung Amtsmissbrauch, Nicht-Löschung und Kopie sowie Aufgewahrung von Daten, die zu löschen gewesen wären.
Kurz verlangt „volle Aufklärung und Transparenz“
Unterdessen hat sich auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zu Wort gemeldet. In einer sehr knapp gehaltenen schriftlichen Stellungnahme forderte er „volle Aufklärung und Transparenz aller beteiligten Ministerien“ und verwies auf den von Justizminister Josef Moser (ÖVP) angekündigten umfassenden Bericht.
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