Slowakei in der Krise
Innenminister tritt nach Mord an Reporter zurück
Nach der Ermordung des slowakischen Enthüllungsjournalisten Jan Kuciak und dessen Verlobter brodelt es in der Slowakei gewaltig: Jetzt hat Innenminister Robert Kalinak am Montag seinen Rücktritt angekündigt. Er beugte sich damit der Forderung eines Koalitionspartners der führenden Regierungspartei Smer von Ministerpräsident Robert Fico, der er angehört. „Es ist wichtig, dass die Stabilität erhalten bleibt, daher habe ich entschieden, vom Amt des Vizeregierungschefs und Innenministers zurückzutreten“, gab Kalinak auf einer Pressekonferenz in Bratislava bekannt.
Zwei Wochen nach den Morden sei die Stimmung im Land extrem angespannt und emotionsgeladen, erklärte Kalinak. „Ich hoffe, mit meinem Schritt werde ich dazu beitragen, dass sich die Situation stabilisiert.“ Dies sei notwendig, damit die Polizei ihre laufenden Ermittlungen erfolgreich zu Ende führen könne. „Wir müssen wissen, wer und warum“, so Kalinak. Er habe Premier Fico bereits über seine Rücktrittsentscheidung informiert. Ob er nun als Abgeordneter ins slowakische Parlament zurückkehrt, blieb unklar.
Land in schwerer Regierungskrise
In der Slowakei herrscht nach dem Mord an dem Aufdeckerreporter Jan Kuciak und seiner Verlobten am 25. Februar eine Regierungskrise. Der Investigativjournalist hatte sich auf große Korruptionsfälle und Verstrickungen von Politik und Geschäftemacherei spezialisiert und dabei Verbindungen von Personen, die der italienischen Mafia nahestehen sollen, bis in höchste politische Kreise der Slowakei enthüllt.
Ficos Regierungspartner, die Partei Most-Hid, hatte den Rücktritt Kalinaks gefordert. Der deutsche EU-Parlamentarier Manfred Weber hatte nach der Rückkehr einer Delegation des Europäischen Parlaments aus der Slowakei zur Aufklärung der Umstände der Ermordung Kuciaks die Entlassung des unter Korruptionsverdacht stehenden Kalinak durch Fico gefordert. Es sei unglaubwürdig, dass der Innenminister als Vorgesetzter der Polizei, die die Morde und Verwicklungen aufklären solle, immer noch im Amt sei, so Weber.
Kalinak waren seit Monaten Kontakte zu einem umstrittenen Unternehmer nachgesagt worden, der unter dem Verdacht des Steuerbetrugs steht. Vorige Woche kam der Vorwurf gegen Kalinak selbst, in einer Bestechungsaffäre die Justiz behindert zu haben. Kalinak soll demnach bei öffentlichen Anschaffungen in seinem Ressort Bestechungsgelder in Höhe einiger Hunderttausend Euro angenommen und über seine Privatfirmen gewaschen haben. Ein Sonderstaatsanwalt hat in der Sache Strafanzeige gegen den Minister erstattet. Kalinak wies alle Vorwürfe zurück.
Größte Protestwelle seit der Wende im Jahr 1989
Erst am Freitagabend waren in der Slowakei erneut Zehntausende Menschen auf die Straßen gegangen. Mit Protestkundgebungen in nahezu 50 Städten des Landes forderten sie gründliche Aufklärung des Mordes an Kuciak und seiner Verlobten sowie eine "neue, vertrauenswürdige Regierung.
Laut Schätzungen der Tageszeitung „Dennik N“ haben allein in der Hauptstadt Bratislava bis zu 50.000 Menschen an der Protestkundgebung teilgenommen, weitere Tausende hatten sich in allen größeren Städten der Slowakei versammelt. Damit dürfte es sich um die größten Demonstrationen gegen die Regierung in der Slowakei seit der Wende im Jahr 1989 handeln.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.