Sie wollen den „Krieg aus Syrien auf Europas Straßen tragen“ und „Polizei und Gerichte“ angreifen: Im Internet kursiert seit drei Tagen ein Kampfaufruf von Extremisten gegen die Europäer. Erst jetzt, einen Tag nach der blutigen Messerattacke vor der iranischen Residenz in Wien warnte das Landesamt für Terrorismusbekämpfung alle Polizisten in einem vertraulichen Mail vor dieser Gefahr – fast zeitgleich passierte der nächste Angriff auf einen Polizeibeamten vor den Parlamentsbüros am Heldenplatz.
„Aufgrund gegenständlicher Verbalnote (...) wird zur Sensibilisierung der eingesetzten Beamten bei türkischen Einrichtungen, auch in Hinblick auf Eigensicherung, ersucht“, schrieb ein Stellvertreter des Leiters des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) in das Rundschreiben „an alle österreichischen Polizeiinspektionen“.
Der Aufruf einer Extremistengruppe für einen „Kampf in Europas Städten“, um für die blutige Belagerung der syrischen Stadt Afrin Rache zu nehmen, wurde von den Ermittlern in Wien am Dienstag ernst genommen.
„Kampfbefehl“ für Aktionen in ganz Europa
Der Zeitpunkt für das Losschlagen dieser Sympathisanten in ihrem „Kampf gegen die Türken, die NATO, Russland, Deutschland und ganz Europa“ (Zitat) wird in diesem über Social Media ab 10. März verbreiteten Text ebenfalls genannt: Ab 12. März soll es zu „radikaleren und organisierten Aktionen im Herzen des Kapitalismus“ kommen.
Obwohl der beunruhigende, in ganz Europa verbreitete Kampfaufruf schon am 10. März veröffentlicht worden ist, mahnte das LVT erst am 13. März alle Exekutivbeamten auf Österreichs Straßen zu mehr Aufmerksamkeit auf die Eigensicherung.
Verzögerter Alarm zu „mehr Eigensicherung“
Die Warnung kam für jenen Beamten, der am Dienstagmorgen am Heldenplatz von einem Afghanen überfallen worden ist, nur wenige Minuten zu spät: Er konnte trotzdem den Angriff eines Afghanen noch abwehren, den Täter überwältigen und festnehmen. Ein Zusammenhang dieser Attacke vor den Parlamentarier-Büros mit dem Messerangriff bei der iranischen Residenz in Hietzing sei jedoch auszuschließen, wird von der Polizei Wien betont.
Die nun der „Krone“ zugespielte Warnung des LVT wirft gleich mehrere Fragen auf: Ist in Europa und auch in Österreich jetzt mit weiteren Anschlägen zu rechnen? Wie groß ist die Gefahr, dass weitere Extremisten zu Messern greifen und Attentate verüben? Und wie konnte es passieren, dass Österreichs Polizisten von diesem im Web verbreiteten „Kampfbefehl“ für Extremisten drei Tage und zwei Anschläge zu spät erfahren?
Die Sprache der mutmaßlichen Terroristen, die diesen Kampfaufruf verfassten, ist jedenfalls eindeutig: „Wenn uns niemand zuhören will, werden wir jede Innenstadt Europas in Schutt und Asche legen. Die bisherigen Aktionen reichen nicht, hier und heute ist es an der Zeit, den Krieg zurück nach Europa zu bringen.“
Soldaten erhielten kurzfristig Befehl, sich zu tarnen
Nach den Attacken wurde für Soldaten des Bundesheers am Dienstag sogar kurzfristig ein Tarnbefehl ausgegeben: Das Betreten und Verlassen von Kasernen war nur in Zivilkleidung gestattet. Dieser Befehl wurde nach einer erneuten Lagebeurteilung vom Generalstab aber kurze Zeit später wieder aufgehoben, beim Heer sind erhöhte Sicherungsmaßnahmen erlassen worden.
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