8000 Baufehler, eine Verzögerung der Eröffnung von drei Jahren, dazu eine Kostenexplosion von 825 Millionen auf 1,6 Milliarden Euro: Wiens Krankenanstaltenverbund (KAV) hat offenbar trotzdem noch immer freie Finanzmittel, um für das - unfertige - Krankenhaus Nord einen „Bewusstseins-Forscher“ anzuheuern. Der Ex-Autohändler und NLP-Trainer legte um die Baustelle einen „Energie-Schutzring“ - um 95.000 Euro Steuergeld.
„Anhebung der Schwingung des Grundstücks auf das höchstmögliche Niveau“, dazu eine „Einbettung des Gebäudes in den natürlichen Umgebungsplan von Mutter Erde“ und eine „Verlegung eines Schutzrings, der verhindert, dass negative Energien des Umfelds Einfluss auf das Haus und die Menschen nehmen“: In einem dünnen Leistungsprotokoll beschreibt der „Bewusstseins-Forscher“ Christoph F. seine drei Monate dauernde Tätigkeit im Krankenhaus Nord in Wien-Floridsdorf. In der Einleitung dieses Papiers stellt der Coach (nicht wirklich überraschend) fest: „Uns ist aufgefallen, dass die Voraussetzungen, unter denen das Projekt hier gestartet wurde, alles andere als optimal waren.“
95.000 Euro für Analyse und „energetische Reinigung des Grundstücks“
Für diese Analyse sowie für die „energetische Reinigung des Grundstücks“ und sein Bemühen, „äußere Einflüsse am Höchstmöglichen auszurichten“ (Zitat), erhielt der Unternehmensberater im Jänner immerhin 95.000 Euro Steuergeld. Dafür wissen jetzt die Spitalschefs alles über die „Transformation der Intention des Grundstücks und seine neue Definition: ,Die Liebe möge wachsen und gedeihen.’“
Dass 95.000 Euro etwas viel Geld für lediglich zwei je sechs Seiten dicke Leistungsprotokolle sein könnte, verneint eine Sprecherin der KH-Nord-Bauleitung: „Es gab ja auch Coachings für das Führungspersonal.“ Wie viele Stunden das waren, könne aber nicht mehr erhoben werden.
Projektleitung: Aufträge bis 100.000 Euro werden freihändig vergeben
Die Vergabe des Auftrags an den „Bewusstseins-Forscher“ lief übrigens ohne Ausschreibung ab: Aufträge bis zu einem Wert von 100.000 Euro können freihändig von der Projektleitung des KH Nord vergeben werden. Wie viele derartige Dienstleistungen ohne Ausschreibung und zusätzliche Kontrolle bestellt worden sind, möchte die Sprecherin der Spitalschefs nicht sagen: „Die Summe der Direktvergaben kann nicht ausgewertet werden.“
Gudenus: „Weiterer Beweis für Geldverschwendung unter Rot-Grün“
Für die Wiener Opposition ist dieser Fall „ein weiterer Beweis für die Geldverschwendung unter Rot-Grün“, kritisiert FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus: „Der Schaden für die Steuerzahler wird immer größer, ich fordere einen sofortigen Stopp dieser Vergaberegelung. Und die politische Verantwortung dieses Skandals muss in der Untersuchungskommission lückenlos geklärt werden.“
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