Diplomaten ausweisen
Stimmung zwischen London und Moskau wird giftiger
Die Beziehungen zwischen Großbritannien und Russland haben einen vorläufigen Tiefpunkt erreicht. Nachdem Moskau das britische Ultimatum im Fall des Giftanschlags auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal hatte verstreichen lassen, hat Premierministerin Theresa May am Mittwoch 23 russische Diplomaten ausgewiesen. Ein Sprecher von Kremlchef Wladimir Putin kündigte danach Maßnahmen gegen britische Medien in Russland an, falls der russische Staatssender RT seine Sendelizenz für Großbritannien verlieren sollte. Am Mittwochabend kündigte die russische Regierung schließlich sogar „Vergeltung“ an indem sie mitteilte: „Unsere Antwort wird nicht auf sich warten lassen.“
May hatte bereits vor wenigen Tagen angedroht, keine Regierungsvertreter zur Fußball-WM nach Russland zu schicken. Britische Medien wie die „Times“ halten auch eine Cyberattacke auf den Kreml für möglich. Ebenso denkbar seien demnach finanzielle Maßnahmen gegen Oligarchen, die Immobilien in London besitzen. Kremlsprecher Dmitri Peskow meinte dazu in Moskau lediglich, Russland lasse nicht in der Sprache von Ultimaten mit sich reden. Man habe London über diplomatische Kanäle mitgeteilt, dass Russland an dem Anschlag unschuldig sei.
Das russische Außenministerium hatte schon am Dienstag seinerseits mit Vergeltung gedroht. „Jegliche Drohungen, Russland mit Strafmaßnahmen zu belegen, werden nicht unbeantwortet bleiben“, teilte die Behörde mit. Darauf müsse sich Großbritannien gefasst machen. „Russland ist nicht schuldig“, sagte Außenminister Sergej Lawrow. Er forderte Zugang zu den Ermittlungen und zu den verdächtigen Proben, damit Russland die Substanz selbst analysieren könne. Moskau hat nach eigener Darstellung alle Chemiewaffen zwischen 2002 und 2017 vernichtet.
UNO-Sicherheitsrat einberufen, NATO-Appell an Russland
Unterdessen befasst sich der UNO-Sicherheitsrat am Mittwochabend mit dem Giftanschlag. Die britische Regierung hatte die Sitzung beantragt. Und die Mitgliedsstaaten der NATO forderten Russland auf, alle Fragen Großbritanniens zum Giftanschlag auf Skripal zu beantworten. In einer durch das Bündnis veröffentlichten Erklärung hieß es, der „Angriff“ sei „ein klarer Bruch internationaler Regeln und Vereinbarungen“. Die Verbündeten sagten Großbritannien ihre Solidarität zu und boten „ihre Unterstützung bei der Durchführung der laufenden Untersuchung“ zu dem Fall an.
Russland weist jede Verwicklung in den Anschlag zurück. Skripal und seine Tochter waren am 4. März vor einem Einkaufszentrum in der südenglischen Stadt Salisbury bewusstlos aufgefunden worden. Sie kämpfen seitdem in einer Klinik um ihr Leben. Bei dem Anschlag wurde nach britischen Angaben ein Mittel aus der Gruppe der Nowitschok-Nervengifte eingesetzt, die das sowjetische Militär in den 70er- und 80er-Jahren entwickelt habe.
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