Wogen gehen hoch
Giftanschlag: Russland wirft May „Hysterie“ vor
Nach der britischen Reaktion auf den Giftanschlag auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal sind am Mittwoch bei einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung des UNO-Sicherheitsrats in New York die Wogen hochgegangen. Premierministerin Theresa May sorge für eine „hysterische Atmosphäre“, polterte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja. Es gebe „keinerlei Beweise“ dafür, dass Russland hinter dem Anschlag stecke. Der russische Außenminister Sergej Lawrow legte am Donnerstag nach und erklärte, man werde in Kürze britische Diplomaten des Landes verweisen.
May macht Russland für das Attentat verantwortlich und hatte der Führung in Moskau ein Ultimatum für eine Reaktion gestellt, das der Kreml aber verstreichen ließ. Daraufhin kündigte sie am Mittwoch Konsequenzen an - unter anderem die Ausweisung von 23 russischen Diplomaten, schärfere Grenzkontrollen und das potenzielle Einfrieren von Vermögen.
Britische Diplomaten werden ausgewiesen
Am Donnerstag teilte dann Lawrow laut der Nachrichtenagentur RIA mit, auch der Kreml beginne in Kürze damit, britische Diplomaten auszuweisen. Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte, die von Großbritannien verhängten Sanktionen seien „ganz und gar unverantwortlich“. Eine entsprechende Antwort würde „nicht lange auf sich warten lassen“. Eine Ausweisung britischer Diplomaten aus Russland hatte bereits zuvor als eine wahrscheinliche Option gegolten, nachdem russische Politiker zuletzt von einer „symmetrischen Antwort“ gesprochen hatten.
Moskau zu Kooperation bereit - „weil wir höflich sind“
Der russische UN-Botschafter Nebensja hatte am Mittwoch vor dem Sicherheitsrat zu den britischen Maßnahmen gesagt: „Wir sprechen nicht die Sprache der Ultimaten.“ Russland bemühe sich aber um eine gemeinsame Untersuchung der Substanz mit Großbritannien - „weil wir höflich sind“. Er bestritt alle Vorwürfe und forderte eine Offenlegung der angeblichen Beweise. Der britische UN-Botschafter Jonathan Allen erwiderte, sein Land werde sich von Russlands „Leugnungen, Ablenkungen und Drohungen“ nicht abhalten lassen.
USA geben Briten demonstrativ Rückendeckung
Die UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, machte bei der Sitzung ebenfalls Russland für den Giftanschlag verantwortlich und gab Großbritannien demonstrativ Rückendeckung. Mays Vorgehen sei demnach eine „gerechte Antwort“. Haley rief das UN-Gremium auf, „umgehend konkrete Maßnahmen“ zu ergreifen. Russland hat im Rat jedoch ein Vetorecht, mit dem es Entscheidungen des Gremiums blockieren kann.
Macron: „Es gibt keine andere plausible Erklärung“
Auch der französische Präsident Emmanuel Macron sieht Russland als Urheber des Anschlags. „Frankreich stimmt dem Vereinigten Königreich zu, dass es keine andere plausible Erklärung gibt“, meinte er am Donnerstag nach einem erneuten Telefongespräch mit May, mit der er bereits zu Wochenbeginn über die Causa konferiert hatte. Macron bekräftigte zudem die Solidarität Frankreichs mit Großbritannien.
Deutsche Regierung: „Das darf nicht ohne Folgen bleiben“
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel forderte von Russland volle Zusammenarbeit und Transparenz bei der Aufklärung des Giftanschlags. „Wir nehmen die Befunde der britischen Regierung sehr ernst“, sagte sie. Außenminister Heiko Maas sagte: „Dieser Anschlag darf nicht ohne Folgen bleiben. Die Täter müssen zur Rechenschaft gezogen werden.“ EU-Ratspräsident Donald Tusk kündigte an, die Attacke werde Thema beim EU-Gipfel in der nächsten Woche sein.
Ex-Agent und Tochter kämpfen weiter um ihr Leben
Der ehemalige Doppelagent Skripal und seine Tochter waren am 4. März vor einem Einkaufszentrum in der südenglischen Stadt Salisbury bewusstlos aufgefunden worden. Sie kämpfen in einer Klinik weiter um ihr Leben. Bei dem Anschlag wurde nach britischen Angaben ein Mittel aus der Gruppe der Nowitschok-Nervengifte eingesetzt, die das sowjetische Militär in den 70er- und 80er-Jahren entwickelt habe.
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