Druck auf Kreml steigt
„Putin persönlich für Giftanschlag verantwortlich“
Der Streit zwischen London und Moskau im Fall des Giftanschlags auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal spitzt sich weiter zu. Der britische Außenminister Boris Johnson hat Russland Staatschef Wladimir Putin persönlich für den Anschlag verantwortlich gemacht. Die Entscheidung sei „höchstwahrscheinlich“ von Putin selbst getroffen worden, so Johnson am Freitag. Damit provozierte er wütende Reaktionen aus Moskau. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, jegliche Anspielung auf den Präsidenten in diesem Fall sei „schockierend und unverzeihlich“.
Der für häufig wenig diplomatische Äußerungen bekannte Johnson hatte eine direkte Verbindung vom Giftanschlag auf Skripal zu Putin gezogen. „Wir halten es für überaus wahrscheinlich, dass es seine Entscheidung war, einen Nervenkampfstoff in den Straßen Großbritanniens, in den Straßen Europas einzusetzen“, sagte Johnson. Deswegen stehe London im Konflikt mit „Putins Kreml“ und nicht mit dem russischen Volk.
Johnson kündigt Untersuchung an
Johnson kündigte in einem Gastbeitrag in der „FAZ“ an, internationalen Fachleuten eine Untersuchung des bei dem Anschlag eingesetzten Nervengifts ermöglichen zu wollen. Polizei und Regierung würden daran arbeiten, der Organisation für das Verbot chemischer Waffen „die Möglichkeit zu geben, unsere Analyse von unabhängiger Seite zu überprüfen“, schrieb Johnson.
Kreml-Sprecher: „Russland hat damit nichts zu tun“
Kreml-Sprecher Peskow wies dies zurück und wiederholte stattdessen, dass „Russland nichts mit dieser Geschichte zu tun hat“. Er sagte zudem, russische Vergeltungsmaßnahmen für die von Großbritannien beschlossenen Sanktionen könnten „jede Minute“ kommen. Ob Moskau noch vor der Präsidentschaftswahl am Sonntag reagieren werde, ließ er offen. Russlands Außenminister Sergej Lawrow bekräftigte, dass sein Land auf die Ausweisung russischer Diplomaten aus Großbritannien ebenfalls mit Ausweisungen reagieren werde. „Natürlich werden wir das machen“, sagte Lawrow im kasachischen Astana.
Russland international unter Druck
Russland steht nach dem Giftanschlag auf Skripal und dessen Tochter im britischen Salisbury unter international wachsendem Druck. Deutschland, Großbritannien, Frankreich und die USA machten Moskau am Donnerstag in einer gemeinsamen Erklärung für den Vorfall verantwortlich. Der Giftangriff wurde auch auf die Agenda des EU-Gipfels in Brüssel kommende Woche gesetzt, wie es aus EU-Kreisen hieß. Bereits am Montag befassen sich die EU-Außenminister mit dem Fall.
Merkel: „Russland muss sich an Aufklärung beteiligen“
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rief Russland am Freitag erneut auf, sich an der „Aufklärung“ der Giftattacke zu beteiligen. Zugleich wies sie Forderungen nach einem Boykott der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland zurück. „Es geht jetzt aber nicht um den Boykott der Fußball-Weltmeisterschaft, sondern es geht jetzt erst einmal darum, dass Aufklärung geschieht“, sagte Merkel in Berlin.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg appellierte an Moskau, im Umgang mit dem Westen zusammenzuarbeiten. „Wir wollen keinen neuen Kalten Krieg, wir wollen keinen neuen Rüstungswettlauf“, sagte Stoltenberg dem britischen Sender BBC. Moskau müsse aber mit der NATO „kooperieren“ und dafür „grundlegende Normen und Regeln des internationalen Verhaltens respektieren“.
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