Hitzige Debatte

Wie viel Überwachung verträgt Österreich?

Österreich
20.03.2018 09:02

Das von der Regierung geplante neue „Sicherheitspaket“ sorgt für Diskussion bei Befürwortern, Opposition und Experten. Eine Bestandsaufnahme.

Laut dem Global Peace Index von 2017 liegt Österreich in der Rangliste der sichersten Länder der Welt auf Rang vier. Hinter Island, Neuseeland und Portugal. Und dennoch entscheidet die Bundesregierung, dass ein verschärftes Überwachungspaket notwendig ist. Mittlerweile befindet sich der Gesetzesentwurf auf dem Weg in eine umfassende Ausschussbegutachtung.

„Der Sinn dieses Überwachungspakets ist eher symbolischer Natur“, sagt der renommierte Kriminalsoziologe Reinhard Kreissl zur „Krone“: „Man dramatisiert die Situation und schiebt dann spektakulär ein Gesetzespaket hinterher, um die vermeintliche Bedrohung zu bekämpfen. Die Frage, was die Sicherheit Österreichs gefährdet, wird dabei nur schlampig beantwortet.“ Mit Argumenten wie „Migranten“, „Extremisten“ und „Cybercrime“. Bundestrojaner oder das „Quick Freeze“ sind laut Kreissl für die Polizeiarbeit von marginaler Bedeutung. „Bei Geheimdiensten mag das anders sein.“

Pro oder contra? Zahlreiche Argumente 
 
Laut Auskunft des Innenministeriums steigt aber die Internet-Kriminalität (siehe Grafik) kontinuierlich. Auch die beiden Messerattacken in Wien bestätigen momentan die Befürworter. Und mit einer früheren Reform der Kfz-Kennzeichen-Erkennung wären beispielsweise Fluchtwagen bei Raubüberfällen schneller zu identifizieren.

(Bild: "Krone"-Grafik; Quelle: BMI, Bits and Splits/stock.adobe.com)

Kreissl ist aber überzeugt: „Wir laufen seit Jahren wie Schlafwandler in einen Überwachungsstaat.“ Problem des Pakets ist neben der Sinnhaftigkeit auch die Durchführbarkeit. Mangelnde Ressourcen, Technologien und Kompetenzen sowie die bürokratische Trägheit haben auch in den aktuellen Fällen bewiesen, wozu sie „fähig“ sind. Verstärkte Videoüberwachung und eine Reform des Kennzeichen-Erkennungssystems sollen der Exekutive helfen.

Zentrale Inhalte des neuen Sicherheitspakets 
 Bundestrojaner: Hinter diesem Begriff versteckt sich die Überwachung von Messenger-Diensten wie Skype und WhatsApp durch eine Abhörsoftware. Sie soll bei Straftaten mit Strafobergrenze von mehr als zehn bzw. bei Verdacht auf terroristische Straftaten von mehr als fünf Jahren zum Einsatz kommen.

(Bild: thinkstockphotos.de, WhatsApp)

Quick-Freeze: Anlassbezogene Datenspeicherung bei Vorliegen eines Anfangsverdachts über einen Zeitraum von zwölf Monaten. Fälschlich überwachte Personen müssen im Nachhinein informiert werden.

Video- und Tonüberwachung: Betrifft alle privaten und öffentlichen Einrichtungen, denen ein öffentlicher Versorgungsauftrag zukommt – Bahnhof, Flughafen (hierbei gibt es eine vierwöchige Speicherfrist). Es dient der Zentralüberwachung sämtlicher öffentlicher Plätze.

(Bild: dpa/Arno Burgi)

Autokennzeichen-Erkennungssysteme werden ausgebaut. Wurden bislang nur die Kennzeichen auf Diebstahl überprüft, sollen künftig auch Farbe, Typ und Marke sowie der Fahrzeuglenker registriert werden.

IMSI-Catcher: „International Mobile Subscriber Identity“ – zur Lokalisierung von Handys ohne Mitwirkung des Netzbetreibers. Die gesetzliche Regelung soll im Zuge des Erlasses des neuen Sicherheitspakets verankert werden.

(Bild: stock.adobe.com)

Lockerung des Briefgeheimnisses: Es besteht nun die Möglichkeit, verdächtige Postsendungen abzufangen.

Prepaid-SIM-Karten: Ab 2019 gilt die zwingende Registrierung von Mobilfunkgeräten zur Möglichkeit einer Identifizierung.

Clemens Zavarsky, Kronen Zeitung

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