In der BVT-Affäre hat die SPÖ am Montag in einer Dringlichen Anfrage im Parlament 40 Fragen an Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) gestellt. Während sich die anderen Oppositionsparteien der SPÖ-Kritik an Kickl anschlossen, versuchte die Koalition den Gegenangriff. Kickl selbst warf der SPÖ ein „linkes Spiel“ unter dem Deckmantel politischer Aufklärung vor. In den kommenden Tagen dürfte von der Opposition in der Causa ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss beantragt werden.
Gleich zu Beginn der Debatte hatte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) zur Mäßigung aufgerufen. Im Sinne des Vertrauens in die drei Säulen der demokratischen Republik ersuchte er, „sich mit der gebotenen Sachlichkeit und in respektvoller Art diesem Thema zu nähern“.
SPÖ-Chef Christian Kern attackierte in seiner Anfragebegründung Kickl dann scharf. Er warf dem Innenminister ein politisches Spiel auf dem Rücken jener Institutionen vor, denen die Bevölkerung vertraue und auf die sie angewiesen sei. „Sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie haben keine 100 Tage im Amt gebraucht, um dieses Vertrauen nachhaltig in Zweifel zu ziehen.“ Kickl habe das BVT regelrecht lahmgelegt und Österreichs Sicherheitsinstitutionen im internationalen Ansehen beschädigt.
Mit der EGS sei zudem eine Truppe zum Einsatz gekommen, dessen Chef - wie berichtet - „antisemitischen Mist“ und Reichsbürger-Inhalte teile. „Wenn man sich das anschaut, ich sage es Ihnen ehrlich, dann dreht es einem den Magen um“, sagte Kern. Mehr als erschütternd sei es auch, wenn jene unter Druck gesetzt würden, die den Rechtsextremismus bekämpfen sollen. „Was haben Sie getan, um diese Zustände zu verhindern?“, fragte er.
Kickl: „Führe mein Ministerium gesetzeskonform“
Kickl sprach in seiner Beantwortung von der „beschämenden“ Verunglimpfung eines rechtsstaatlichen Vorgangs. „Mich werden Sie nicht mundtot machen“, so Kickl: „Ich führe mein Ministerium gesetzeskonform.“ Was im BVT geschehen sei, sei ein Vorgang, wie ihn das rechtsstaatliche System vorsehe, so Kickl, der bezüglich der Hausdurchsuchungen immer wieder auf die Bestimmungen der Strafprozessordnung verwies. Alles sei „auf Punkt und Beistrich“ eingehalten worden. Die Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittle wegen des Vorwurfs von Datenmissbrauch in einem hochsensiblen Bereich und sei Herrin des Verfahrens. „Sie bestimmt, was zu geschehen hat. Die Polizei führt aus“, so Kickl. „Und so etwas soll ein Putsch sein, Herr Kern?“
Der SPÖ-Chef diskreditiere den Sicherheitsapparat mit „Unwahrheiten, krausen Verschwörungstheorien“ und der Unterstellung eines parteipolitischen Amtsmissbrauchs. Von Umfärbungen im BVT könne keine Rede sein, nicht einmal dem interimistisch eingesetzten Leiter könne man FPÖ-Nähe unterstellen. Auch gegen den suspendierten BVT-Leiter Peter Gridling habe er ursprünglich nichts gehabt. „Aber die Staatsanwaltschaft hat etwas gegen den Herrn Gridling“, so Kickl. „Und so jemanden soll ich in einer so sensiblen Position weiter schalten und walten lassen?“
„Auch wenn es Ihnen nicht passt, die Sicherheit Österreichs ist nicht gefährdet, nur weil fünf Mitarbeiter einer Behörde einer Straftat verdächtigt werden“, sagte der Minister - und das bei insgesamt 33.000 Beamten des Innenministeriums. „Lassen Sie also die Justiz ihre Arbeit machen, Herr Klubobmann Kern.“ Auch die EGS nahm Kickl in Schutz. „Sie hat nichts anderes gemacht, als einen Auftrag der zuständigen Staatsanwaltschaft sauber und korrekt durchzuführen. Und erfolgreich war es obendrein.“
Wenig Neuigkeiten bei Anfragebeantwortung
Aus der Anfragebeantwortung selbst ergaben sich dann wenig Neuigkeiten. Er habe Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) am 28. Februar am Rande des Ministerrats informiert, führte Kickl aus. Zurzeit seien drei Beamte suspendiert, ein Vertragsbediensteter sei freigestellt worden. Die EGS sei aufgrund der „Frage der Unbefangenheit“ zum Einsatz gekommen, und zwar in Zivilkleidung und in Standardausrüstung mit Dienstpistole. Dass die Daten ausschließlich durch IT-Experten der Staatsanwaltschaft erfasst worden seien, könne er bestätigen. Die Begleitung von Zeugen durch einen Mitarbeiter des Ministeriums sei auf deren ausdrücklichen Wunsch geschehen. Er, Kickl, habe davon vorab nichts gewusst.
Dem Extremismusreferat stünden seine Unterlagen weiter zur Verfügung, und er könne garantieren, dass weiter ungestört gegen jede Form des Extremismus ermittelt werden könne, so Kickl. Das Dossier, in dem erstmals Vorwürfe gegen das BVT aufgetaucht waren, kenne er seit Sommer 2017. Als Minister habe er dann seinen Generalsekretär Peter Goldgruber damit betraut.
ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon wiederum versuchte der Affäre in der Debatte im Anschluss an Kickls Beantwortung einen neuen Spin zu geben. Konkret wollte er den „SPÖ-Parteianwalt“ Gabriel Lansky zur zentralen Figur der Causa machen. Der Hintergrund: Lansky hatte Anzeige erstattet, weil Daten aus einem Verfahren gegen ihn widerrechtlich vom BVT nicht gelöscht worden waren. Amon fragt sich nun, was sich in den Daten befinde, das für die SPÖ so heikel sei.
Opposition will U-Ausschuss
Einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der von der Opposition in den kommenden Tagen beantragt werden dürfte, sieht Amon eher skeptisch. Es tue zwar „in jeder Hinsicht“ Aufklärung not. Vielleicht gebe es aber andere Möglichkeiten, die Angelegenheit sinnvoll zu untersuchen. Kickls Parteikollege, FPÖ-Klubchef Walter Rosenkranz, hätte hingegen mit einem Ausschuss gar kein Problem, denn aus seiner Sicht ist alles ganz korrekt gelaufen.
Auf weitere Enthüllungen stellt sich indes NEOS-Klubchef Matthias Strolz ein, sehe man doch bisher erst die Spitze des Eisbergs. Gleich vier Phänomene überlagern sich seiner Meinung nach in der Causa. Dabei geht es um eine „Umfärbekampagne“ im Innenministerium von Schwarz auf Blau, um einen Dammbruch nach 18 Jahren „autoritärer Macht“ im BMI, um einen „schwarzen Bruderkrieg“ und schließlich um das Aufbrechen eines jahrelangen Stillhalteabkommens zwischen Rot und Schwarz.
Misstrauensantrag gegen Kickl abgeschmettert
Allerlei Ungereimtheiten ortet auch die Liste Pilz. Deren Klubobmann Peter Kolba brachte deshalb einen Misstrauensantrag gegen Kickl ein. Unter anderem ist für ihn nicht geklärt, ob Ermittlungsakten gegen rechtsextreme Kreise nicht abgegriffen worden sein könnten. Zudem steht für Kolba der Verdacht der Umfärbung des Verfassungsschutzes im Raum. Der Antrag fand erwartungsgemäß keine Mehrheit, das entsprechende Begehren wurde von der Koalition abgeschmettert. SPÖ und NEOS hatten hingegen für Kickls Abberufung gestimmt.
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