Ein „therapeutischer Spaziergang“ einer Betreuerin gemeinsam mit einer an Schizophrenie erkrankten Frau (28) am Hintersteiner See endete im Herbst 2017 fast tödlich: Die Kranke stieß die Frau über einen Abhang hinunter, nur mit Glück konnte sie einen 60-Meter-Absturz in den See verhindern. Prozess am Schwurgericht.
Düstere Stimmung, Temperaturen nahe am Nullpunkt und schlechte Ausrüstung: Die Bedingungen waren ungünstig an jenem 20. September des Vorjahres, als die Betreuerin und ihre Klientin (28) einen Spaziergang am Hintersteiner See unternahmen. „Ich wollte nach der Hälfte des Weges umkehren, aber sie duldete keinen Widerspruch“, gab die Pädagogin vor Richter Josef Geisler zu Protokoll.
Also gingen die beiden weiter, obwohl die Klientin nur Flip-Flops an ihren Füßen trug. Nach etwa zwei Drittel des Wanderwegs kamen die Frauen an einer gefährlichen Stelle vorbei, an der eine Steilwand rund 60 Meter in den See abfällt.
„Ich hatte Angst vor ihr“, so die Betreuerin, „sie hatte mich kurz zuvor mit dem Umbringen bedroht. Doch als sie wieder neben mir ging, dachte ich, sie hat sich wieder im Griff.“
Weit gefehlt: Völlig unvermittelt gab die Frau, die seit ihrer Jugend an einer heimtückischen Form der Schizophrenie erkrankt ist, ihrer Gefährtin einen wuchtigen Stoß gegen den Oberkörper. „Kopfüber stürzte ich den Abhang hinunter. Ich konnte mich gerade noch an einem Bäumchen festhalten und einen Absturz verhindern.“ Sie kletterte mit Prellungen und Schleudertrauma zurück auf den Weg. Ihre Klientin hatte das Weite gesucht.
Die Geschworenen am Landesgericht mussten gestern entscheiden: Ist die Kranke überhaupt schuldfähig? Bestand Mordabsicht? Der Staatsanwalt forderte die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, nachdem der Gutachter eine ungünstige Prognose abgegeben hatte: Wenn die Frau keine Medikamente nehme, seien weitere Delikte gegen Leib und Leben zu erwarten. Die Geschworenen stimmten mit 8:0 dem Antrag des Staatsanwaltes zu.
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