Er war seit Tagen ins Spiel gebracht worden, jetzt wird er kommen: Die Rede ist von einem Untersuchungsausschuss in der Affäre um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). SPÖ-Chef Christian Kern verkündete am Dienstag die Entscheidung der Sozialdemokraten, die Partei wird im Alleingang, also ohne Liste Pilz und NEOS, den Ausschuss einsetzen. Dieser könnte bereits im Mai seine Arbeit aufnehmen. Liste-Pilz-Gründer Peter Pilz erklärte indes, in dem BVT-U-Ausschuss mitwirken zu wollen. Bekannt wurde zudem, dass in der Causa BVT auch gegen den früheren Kabinettschef im Innenministerium, Michael Kloibmüller, ermittelt wird. Er werde als Verdächtiger geführt, bestätigte das Innenministerium.
Es wird also einen U-Ausschuss zur BVT-Affäre geben: Am Dienstag wurden die Weichen dafür gestellt, wohl hauptsächlich die politische Verantwortung in der Geheimdienst-Causa in einem parlamentarischen U-Ausschuss zu klären. Staatsgeheimnisse - die Angelegenheiten des Verfassungsschutzes sind größtenteils vertraulich - werden dabei mit ziemlicher Sicherheit keine öffentlich gemacht werden. Ihr Verlangen auf Einsetzung eines U-Ausschusses wird die SPÖ noch in einer der Plenarsitzungen in dieser Woche einbringen - entweder am Mittwoch oder Donnerstag, sagte Kern.
Klar ist, dass die SPÖ mit den bisherigen Antworten von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) und Justizminister Josef Moser (ÖVP) nicht zufrieden ist. Es geht um Amtsmissbrauchsvorwürfe gegen mehrere Beamte des BVT und Bedienstete des Innenministeriums sowie um die Frage, ob die Vorgangsweise der Justiz - also die Hausdurchsuchungen und Beschlagnahme von Unterlagen, unter anderem der Rechtsextremismus-Abteilung - gerechtfertigt sind. Die Vorwürfe, die im Raum stehen, seien „in dieser Form einzigartig“, begründete Kern am Dienstag die Entscheidung zur Einsetzung eines U-Ausschusses.
„Es geht auch um die Verantwortungsfrage. Wir als Opposition haben die parlamentarische Kontrolle vorzunehmen.“ Und es gehe darum, „dass das legitime Sicherheitsinteresse der Österreicher wiederhergestellt wird“. Kern sprach auch den Leiter der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS), Wolfgang Preiszler, an. „Es ist nicht nur so, dass der Mann FPÖ-Politiker ist, sondern einer, der sich zumindest privat in Gefilden bewegt, gegen die eigentlich die BVT-Kollegen ermitteln“, warf der SPÖ-Chef einen Blick auf Preiszlers Aktivitäten auf Facebook.
Startschuss für BVT-U-Ausschuss im Sommer
Die Sozialdemokraten haben mit 52 Abgeordneten genug, nämlich mehr als ein Viertel, um auch ohne Unterstützung durch andere Parteien einen U-Ausschuss zu initiieren. Nach dem (seit 2015 geltenden) Minderheitsrecht wurden bisher zwei U-Ausschüsse eingesetzt, zur Causa Hypo und zu den Eurofightern. Ein zweiter - auch von der türkis-blauen Mehrheit mitgetragener - Eurofighter-U-Ausschuss kann parallel zur BVT-Untersuchung laufen. Starten könnte der BVT-U-Ausschuss reltaiv rasch und kann dann, von einer parlamentarischen Minderheit beantragt, längstens 20 Monate dauern. Nach 14 Monaten muss ein erster Bericht vorgelegt werden. Den Fraktionsvorsitz im U-Ausschuss für die SPÖ wird der Abgeordnete Jan Krainer übernehmen. Er erklärte am Dienstag, die SPÖ rechne mit einem tatsächlichem Start im Sommer. „In Wahrheit wird er im Juli oder August startklar sein.“
Parlamentarische Ressourcen und Kapazitäten für zwei U-Ausschüsse gleichzeitig gibt es laut FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz und ÖVP-Klubchef August Wöginger jedenfalls. „Wir sind dafür ausgestattet. Natürlich ist es möglich, dass zwei U-Ausschüsse parallel tagen“, erklärte Wöginger gegenüber der APA. „Das Parlament ist dafür gerüstet“, versicherte auch Rosenkranz.
Warum die SPÖ in der BVT-Affäre mit den anderen Oppositionsparteien nicht an einem Strang zieht, erklärte indes Werner Zögernitz, Präsident des Instituts für Parlamentarismus, gegenüber dem „Standard“. Demnach gebe es „keine Vorteile für die SPÖ, wenn eine weitere Partei der Einsetzungsminderheit angehört“, so Zögernitz. Allein könne sie „den U-Ausschuss zeitlich und inhaltlich steuern, ohne sich mit jemandem abstimmen zu müssen“.
Pilz will in den U-Ausschuss
Ob Peter Pilz, der an dem kommenden BVT-U-Ausschuss mitwirken will, als Abgeordneter oder Mitarbeiter seiner Mandatarin Alma Zadic dabei sein wird, sei unter anderem davon abhängig, ob die Staatsanwaltschaft Innsbruck das Verfahren wegen sexueller Belästigung gegen ihn abgeschlossen hat. Notfalls werde er für die Juristin Zadic recherchieren und sie „unterstützen“, so Pilz am Dienstag bei seiner ersten Pressekonferenz seit seinem Rückzug. Im Falle einer Rückkehr von Pilz ins Parlament steht zudem weiter nicht fest, wer für ihn auf seinen Sitz verzichten wird.
Dass Pilz selbst über Informationen zur Causa BVT verfügt, demonstrierte er zugleich. So zitierte er unter anderem aus Unterlagen der laufenden Ermittlungen durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. So habe das derzeitige Verfahren zwei „Vorläufer“, unter anderem wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses. Ihren Ursprung habe die Affäre bereits in der ersten Regierung aus ÖVP und FPÖ.
Auch Pilz vermutet nach seinen Eigenrecherchen, dass bei den Hausdurchsuchungen „möglicherweise in überschießendem Maße Beweismaterial mitgenommen“ worden sei. Zudem hält er den Einsatz der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) für „absolut unüblich“. Politisch glaubt der ehemalige Grüne sowohl ÖVP als auch FPÖ - aus teils unterschiedlichen Gründen - in die Causa involviert, was der U-Ausschuss klären müsse.
Ermittlungen gegen Ex-Kabinettschef im Innenministerium
Indes wurde am Dienstag bekannt, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in der Causa BVT auch gegen den einstigen Kabinettschef im Innenministerium, Michael Kloibmüller, ermittelt. Das Justizministerium bestätigte die Ermittlungen, von denen Pilz zuvor in seiner Pressekonferenz gesprochen hatte. Da nur eine Anfangsverdachtslage bestehe, werde dieser allerdings als Verdächtigter und nicht als Beschuldigter geführt, betonte Generalsekretär Christian Pilnacek gegenüber der APA.
Kloibmüller selbst zeigte sich am Dienstag angesichts der Ermittlungen überrascht. Er sei über so einen Vorgang nicht informiert, hielt der einstige Kabinettchef im Innenministerium gegenüber der APA fest und: „Ich habe darüber keine Kenntnis.“
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