Während die SPÖ der türkis-blauen Regierungskoalition in der BVT-Affäre am Freitag in Sachen Untersuchungsausschuss vorwarf, „alle Register zu ziehen, um zu verzögern“, hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sich überzeugt gegeben, dass ein U-Ausschuss zu der Causa kommen wird. Indes bezeichnte auch Verfassungsrechtler Theo Öhlinger den abgelehnten Antrag der SPÖ auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses angesichts der verfassungsrechtlichen Vorgaben als „sehr problematisch“.
Wenn die SPÖ dies wünsche, werde der Untersuchungsausschuss plangemäß und ohne Verzögerung kommen, sagte der Kanzler am Freitag nach dem EU-Gipfel in Brüssel. „Das halte ich persönlich auch für richtig und gut.“
Es gebe aber auch Rechtsgrundlagen, die einen rechtskonform eingebrachten Antrag verlangen würden, betonte Kurz. „Ich bin aber vollkommen überzeugt davon, dass das möglich sein wird.“ Mehrere Parteien hätten diesbezüglich schon Unterstützung dafür angeboten.
Der von Regierung und auch Rechtsexperten als zu ungenau formulierte Antrag der Sozialdemokraten, war wie berichtet vom Geschäftsordnungsausschuss des Parlaments abgeschmettert worden. SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder kündigte daraufhin neben der Einschaltung des Verfassungsgerichtshofs auch andere Rechtsmittel an.
Verfassungsrechtler Öhlinger sieht SPÖ-Antrag „sehr problematisch“
Was den Verfassungsgerichtshof betrifft, rechnet allerdings auch der Verfassungsrechtler Theo Öhlinger eher nicht damit, dass die SPÖ Recht bekommt. „Ich würde nicht darauf setzen, dass sie das gewinnt“, sagte Öhlinger am Freitag gegenüber der APA. Laut Verfassung darf nur „ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes“ untersucht werden. Angesichts des Antrags der SPÖ könne von einem abgeschlossenen Ereignis aber nur schwer die Rede sein, so Öhlinger.
Für problematisch hält der Verfassungsrechtler nicht den langen Untersuchungszeitraum von Dezember 2013 bis März 2018, sondern dass die SPÖ ganz allgemein die politische Verantwortung für allfällige Missstände prüfen möchte. Öhlinger hält das für zu vage formuliert für einen U-Ausschuss: „Es geht um konkrete Vorgänge, bei denen man einen Missstand vermutet, aber nicht um allfällige Missstände in einem langen Zeitraum.“
Verfassungsgerichtshof ohne „Präjudiz zu dieser Frage“
Öhlinger schränkte allerdings ein, dass der Verfassungsgerichtshof noch nie mit einer solchen Beschwerde gegen einen Untersuchungsgegenstand konfrontiert war. „Es gibt kein Präjudiz zu dieser Frage.“ Und in den Fällen, wo die Höchstrichter bisher über Konflikte im Zusammenhang mit Untersuchungsausschüssen entschieden hätten, hätten sie die Kontrollfunktion des Parlaments eher gestärkt. Etwa mit Entscheidungen über die Unzulässigkeit von Aktenschwärzungen: „Das könnte ein Grund sein, dass der Verfassungsgerichtshof auch hier großzügig ist.“
Außerdem betonte der Verfassungsrechtler, dass auch der Antrag für den Untersuchungsausschuss zur Hypo Alpe Adria schon problematisch gewesen sei. Damals habe die (rot-schwarze, Anm.) Mehrheit im Geschäftsordnungsausschuss aber kein Veto eingelegt. „Da konnte man auch Bedenken haben, aber das wurde nicht angefochten“, so Öhlinger.
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