Krankes System

Tiertransporte ins Ausland: Das Weinen der Kälber

Österreich
28.03.2018 06:00

Tierschützer zeigen die brutale Reise, die Tausende Kälber bis zu ihrer Schlachtung im Libanon, in Gaza etc. mitmachen. Tiere – auch aus Österreich.

Allein 54.023 (!) Kälber wurden im Vorjahr aus Österreich in andere EU-Länder transportiert. Auch weil die Mast dort billiger ist – oder Futter, etwa mit Palmöl versetzt, bei uns gar nicht erlaubt wäre. Wie viel Zigtausende davon danach in den Libanon verschickt werden, in die Türkei oder weitere Drittländer, dazu gibt es nur Schätzungen. „Das Problem ist, dass im Ausland oft Tierschutzverständnis fehlt“, formuliert es Adolf Marksteiner von der Landwirtschaftskammer vorsichtig. „Und Menschen dort oft die Einstellung haben, dass das Tier nicht als Lebewesen zählt.“

Was das in der Praxis heißt, mit welcher unglaublichen Brutalität, Verachtung der Lebewesen und jeglichem Verlust von Mitgefühl vorgegangen wird, das haben der Verein gegen Tierfabriken und die Organisation Animals International bei ihrer Dokumentation erlebt. Selbst sie, die schon alle Abgründe erlebt haben, waren zutiefst erschüttert. Und glauben Sie uns: Wir haben hier nur die „harmlosesten“ Fotos dazu genommen - viele könnten wir Ihnen nicht zumuten.

Übereinandergestapelt, ein Bein hängt heraus, geschlagen - was tun wir Tieren an? (Bild: Animals International )
Übereinandergestapelt, ein Bein hängt heraus, geschlagen - was tun wir Tieren an?

Krankes System
Selbst aus dem Ländle, in dem es im Gegensatz zu Restösterreich keine industrielle Viehzucht gibt, werden Tiere in Massen ins Ausland verkauft. Tobias Giesinger, Leiter der VGT-Kampagne und selbst Vorarlberger, war federführend an den Recherchen beteiligt. Im Gespräch mit den Landwirten stellte sich heraus, dass die meisten gar nicht wissen, was mit ihren Tieren nach dem Verkauf passiert. „Oft gilt: aus den Augen, aus dem Sinn“, so der 33-jährige Tierschutzaktivist. Aber wie kann es überhaupt zu derartigen Schweinereien in der Rinderzucht kommen?

„Wir brauchen weder Kälber- noch Schlachtrinderexporte in irgendwelche Drittländer. Und wir wollen diese auch nicht.
Adolf Marksteiner, Leiter Marktpolitik LKÖ

Fühlenden Menschen fehlen die Worte. Aufgehängt, abgestochen. Barbarisch. (Bild: Animals International )
Fühlenden Menschen fehlen die Worte. Aufgehängt, abgestochen. Barbarisch.

Wie immer geht es in erster Linie ums Geld, Profit steht über dem Wohl der Tiere – es ist das System, das krankt. Mast und Schlachtung sind im Ausland in der Regel viel billiger als in Österreich. Zudem sind die Stierkälber der für die Milchwirtschaft gezüchteten Rassen nichts wert: Ein Bauer bekommt für ein solches Tier gerade mal 80 Euro! Um die Tiere loszuwerden, verschachert man sie, so gut es geht.

„Würde aber von reinen Hochleistungskühen zu Kreuzungen mit Fleischrassen umgestellt, brächten die Tiere bis zu 300 Euro ein“, erklärt der Vorarlberger Veterinär Erik Schmid. Und das gilt nicht nur für das kleine Ländle, sondern für die gesamte Alpenrepublik. Schmid fügt aber hinzu: „Dafür scheint die Landwirtschaft noch lange nicht so weit zu sein.“

Zu viele werden im Doppeldecker in den Laster gepfercht. (Bild: zVg)
Zu viele werden im Doppeldecker in den Laster gepfercht.

„Wir fordern einen Exportstopp für Kälber. Es kann nicht sein, dass die Landwirtschaft ihre Verantwortung an der Grenze abgibt.“
Tobias Giesinger, Kampagnenleiter VGT Vorarlberg

Derweil fordert der Verein gegen Tierfabriken einen vollständigen Exportstopp von Zuchtrindern und Milchkälbern. „Es darf nicht sein, dass die Landwirtschaft die Verantwortung an der Bundesgrenze abgibt. Als Gesellschaft dürfen wir dieses Tierleid nicht weiter zulassen“, betont VGT-Aktivist Tobias Giesinger.

Die „Abou Karim II“ aus dem Libanon mit einer Kapazität von rund 2000 Rindern vor einem Hafen in Kroatien (Bild: zVg)
Die „Abou Karim II“ aus dem Libanon mit einer Kapazität von rund 2000 Rindern vor einem Hafen in Kroatien

Eine Schande für die Menschheit
Dass Tiere für uns sterben müssen, ist Normalität in der Gesellschaft. Aber: Dass sie auf dem Weg in den Tod tausendfach misshandelt werden, ist schlichtweg barbarisch. Missstände gibt es auch bei uns, dafür reicht ein Blick in diverse Schlachthöfe, auf die Anbindehaltung bei Kühen, auf die Kastenstandhaltung bei Schweinen. Dennoch hat Österreich einen sehr hohen Tierschutzstandard. Der darf aber nicht an der Grenze aufhören! Wir sind hochtechnologisiert, können Lkw mit besten Kühlsystemen für Fleisch ausstatten – da müssen nicht Millionen Tiere quer durch die Welt gekarrt werden. Wenn es ums Rauchverbot im Lokal geht, ist der Aufschrei in der Politik hoch – doch wer stoppt endlich diese Abscheulichkeit?

Harald Küng und Christa Blümel, Kronen Zeitung

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