Lobeshymne auf Kanzler

Deutsche „Welt“: „Kurz ist besser als Merkel“

Österreich
29.03.2018 06:00

Die steile Polit-Karriere des 31-jährigen Sebastian Kurz wird auch bei unseren Nachbarn in Deutschland aufmerksam verfolgt. Und die Bilanz über seine ersten 100 Tage im Kanzleramt fällt durchwegs positiv aus. „Kurz ist neben (Frankreichs Präsident Emmanuel) Macron die interessanteste politische Figur in Europa“, schreibt etwa die „Welt“. Und fügt hinzu: „Kurz ist besser als (die deutsche Kanzlerin Angela) Merkel. Er will gestalten und nicht verwalten. Kurz brennt, Merkel wirkt müde.“

Außenpolitisch konnte Österreich laut Analyse der „Welt“ unter Kurz an Profil gewinnen, die EU-Ratspräsidentschaft ab Juli dürfte dem 31-Jährigen dabei weiteren Rückenwind verschaffen. Er setze dabei auf Aufbruch statt Defensive. „Kurz hat es geschafft, Ängste in Brüssel vor einem Rechtsruck und einem antieuropäischen Kurs zu zerstreuen. Der österreichische Kanzler will das Machtvakuum füllen, das der Brexit und eine geschwächte deutsche Kanzlerin hinterlassen. Es scheint ihm zu gelingen.“

EU-Budget, Flüchtlinge: Kurz bot Merkel von Anfang an die Stirn 
Kurz habe den unbedingten Willen zur Macht und sei in der Lage, seine Machtposition mit aller Härte und filigranen Manövern abzusichern. Auch habe er von Anfang an Merkel bei den großen europäischen Themen EU-Budget und Flüchtlingskrise die Stirn geboten. Die deutsche Kanzlerin hätte es laut „Welt“ hinter vorgehaltener Hand ohnehin lieber gehabt, wenn der aus ihrer Sicht kontrollierbare und sympathische SPÖ-Kanzler Christian Kern weiter regiert hätte.

(Bild: AFP)

„Kurz könnte zum großen Gegenspieler Macrons werden“
Auch wohl deshalb, weil Kurz gemeinsam mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte in der EU eine neue Machtachse der eher liberal orientierten mittleren und kleineren Länder gegen die gefühlte Dauerdominanz von Deutschland und Frankreich schmieden wolle. „Seine bisherigen Äußerungen und Aktivitäten deuten darauf hin, dass er vor allem in der Frage einer Reform der Eurozone zum großen Gegenspieler des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron werden könnte, dessen Ziel es ist, durch die Hintertür eine Währungsunion zu etablieren, in der deutsche, niederländische und österreichische Steuerzahler noch mehr für Krisenstaaten wie Griechenland oder Italien haften und zahlen müssten“, schreibt die „Welt“.

Sebastian Kurz und Emmanuel Macron (Bild: ASSOCIATED PRESS)
Sebastian Kurz und Emmanuel Macron

Lob für Kurz‘ Haltung im Konflikt mit Russland
Positive Erwähnung findet auch die offene Dialogbereitschaft von Kurz mit Russland. Viele EU-Staaten haben Anfang der Woche bekanntlich die Ausweisung von russischen Diplomaten wegen der Giftaffäre rund um einen russischen Ex-Spion beschlossen. „Es deutet auch darauf hin, dass (Russlands Präsident Wladimir) Putin Kurz etwas zutraut und seinen Machtinstinkt und Gestaltungswillen in Europa nutzen will.“

Wladimir Putin (Bild: APA/AFP/POOL/SERGEI CHIRIKOV)
Wladimir Putin
Gefahren für Kurz lauern eher im eigenen Land 
Langfristig entscheidend sei für die Beobachter allerdings, wie sich Kurz innenpolitisch weiter schlagen wird. In den ersten drei Monaten habe er es geschafft, die FPÖ unter Kontrolle zu halten. Burschenschafts-Skandale oder Hausdurchsuchungen beim Bundesamt für Verfassungsschutz seien an ihm abgeprallt. Auch Kritiker aus der eigene Partei kontrolliere der Kanzler vollständig. „Er besetzte die meisten Ministerressorts und Schaltstellen in der Partei mit Fachleuten von außen oder mit Vertrauten.“ Unruhig könnte es erst dann werden, wenn die geplanten Reformvorhaben in der Sozial- und Steuerpolitik auch Verlierer produzieren, die zu den Stammwählern von ÖVP und FPÖ gehören.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), gefolgt von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) (Bild: APA/Georg Hochmuth)
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), gefolgt von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ)

„Man spürt, dass Kurz Angst hat, Fehler zu machen“
Dass im Regierungsprogramm eine Pensionsreform fehlt, werten Experten als Manko. „Man spürt, dass Kurz Angst hat, Fehler zu machen. Bei der Leidenschaft im Auftritt und der Lockerheit im Umgang kann er noch zulegen“, schreibt die „Welt“. Doch derzeit scheine für Kurz am nationalen und internationalen Polit-Himmel ausschließlich die Sonne, das würden auch die jüngsten Umfragen bestätigen, in denen Kurz in der Beliebtheits-Skala der Österreicher haushoch vor seinen Gegnern liegt.

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