„Vorwürfe bestätigt“

Energieschild-Skandal: Staatsanwalt ermittelt

Wien
04.04.2018 11:45

Die Interne Revision der Spitalsverwaltung hat sich den Esoterik-Skandal im Wiener KH Nord angesehen - und nun alle Vorwürfe bestätigt, auch die Justiz beginnt mit Ermittlungen. Unter Tatverdacht: mehrere Mitarbeiter des Krankenanstaltenverbunds (KAV), die den Auftrag mit abgesegnet hatten, sowie die Präsidentin des Obersten Sanitätsrats.

Planungschaos, Vertuschungsversuche und nicht zuletzt der Hokuspokus-Skandal im KH Nord hatten zuletzt für allerlei Aufregung gesorgt. So soll die Präsidentin des Obersten Sanitätsrats der Republik und KH-Nord-Beraterin Sylvia Schwarz - wie berichtet - die Idee für das Anheuern eines Energetikers gehabt haben. Darauf folgte prompt ein Auftrag an den „Bewusstseins-Forscher“ Christoph F., der einen „Energie-Schutzring“ um die 1,4 Milliarden Euro teure Spitals-Baustelle gelegt haben will.

Verlegung eines Schutzrings
Weitere Leistung: „Anhebung der Schwingung des Grundstücks auf das höchstmögliche Niveau“, dazu eine „Einbettung des Gebäudes in den natürlichen Umgebungsplan von Mutter Erde“ und eine „Verlegung eines Schutzrings, der verhindert, dass negative Energien des Umfelds Einfluss auf das Haus und die Menschen nehmen“. In einem dünnen Leistungsprotokoll hatte der „Bewusstseins-Forscher“ Christoph F. seine drei Monate dauernde Tätigkeit im Krankenhaus Nord in Wien-Floridsdorf beschrieben. In der Einleitung dieses Papiers hatte der Coach (nicht wirklich überraschend) zudem festgestellt: „Uns ist aufgefallen, dass die Voraussetzungen, unter denen das Projekt hier gestartet wurde, alles andere als optimal waren.“

(Bild: Martin A. Jöchl, krone.at-Grafik)

95.000 Euro „Reinigungskosten“
Die Analyse und „energetische Reinigung des Grundstücks“ ließ er sich danach 95.000 Euro kosten. Die Vergabe des Auftrags lief dabei ohne Ausschreibung ab: Aufträge bis zu einem Wert von 100.000 Euro können nämlich freihändig von der Projektleitung des KH Nord vergeben werden.

Unterlagen zum Esoterik-Auftrag fehlen
Ende März wurde der nach dem Skandal schwer belasteten Beraterin der Vertrag aufgekündigt, sie trat wenig später auch freiwillig als Präsidentin des Obersten Sanitätsrates zurück. Alle Versuche, die Vorwürfe zu bestreiten, indem sie von einer „Intrige des KAV gegen mich“ sprach, brachten nichts. Der Druck wuchs nicht zuletzt deshalb, da enthüllt wurde, dass wichtige Buchhaltungsunterlagen zum Esoterik-Auftrag fehlen. So ist nicht klar, wie viele Coachings der beauftragte Energie-Guru für sein fünfstelliges Honorar überhaupt in Wien abhielt.

(Bild: APA/HANS KLAUS TECHT, krone.at-Grafik)

Erklärungsbedarf bei Frauenberger und Wehsely
Auch das Mitwirken der damaligen Projektleiterin Susanne L. und eines Kollegen, der ebenfalls seinen Segen zum Projekt gegeben hatte, wird nun seitens der Ermittler genauer unter die Lupe genommen. Es wird zu Einvernahmen von mehreren KAV-Mitarbeitern und auch der Ex-Sanitätsrats-Präsidentin kommen. Und in der bereits beschlossenen U-Kommission werden die zwei SPÖ-Gesundheitsstadträtinnen Sonja Wehsely und ihre Amtsnachfolgerin Sandra Frauenberger ebenfalls einiges zu erklären haben.

Video: Sozialstadträtin Sandra Frauenberger „schockiert und entsetzt“

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