„Kein Terrorangriff“
Mit Van in Gastgarten gerast: Drei Tote in Münster
Schock in der westdeutschen Stadt Münster: Am Samstagnachmittag ist der Lenker eines Kleintransporters in einen gut gefüllten Gastgarten in der Altstadt gerast. Drei Tote und 20 Verletzte lautet die vorläufige Bilanz der Todesfahrt. Die Behörden gehen von einem vorsätzlichen Angriff aus. Der Täter - laut Medienberichten ein „48-jähriger Deutscher mit psychischen Problemen“ - habe sich anschließend selbst erschossen, erklärte ein Polizeisprecher. Im Fahrzeug wurde auch ein verdächtiges Paket mit einem Draht gefunden. Ein Team der Sprengstoffentschärfung stand im Einsatz. Es soll sich keineswegs um einen islamistischen Terroranschlag handeln. Dafür gebe es keine Hinweise, erklärte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul.
Der Täter sei „nach jetzigem Stand der Ermittlungen ein deutscher Staatsbürger gewesen und nicht - wie überall behauptet wird - ein Flüchtling oder Ähnliches“, sagte der christdemokratische Politiker. Reul gab aber auch zu, dass „in alle Richtungen ermittelt“ werde und man die Ergebnisse abwarten solle. Die Bevölkerung wurde aufgerufen, den betroffenen Bereich beim traditionellen Gasthaus „Großer Kiepenkerl“ zu meiden. Mehrfach wurde an Twitter- und Facebook-Nutzer appelliert, keine Gerüchte und Spekulationen in Umlauf zu bringen. Nach Bekanntwerden der Identität des Täters wurde auch dessen Wohnung durchsucht. Laut „Spiegel Online“ war der Grafikdesigner Jens R. früher nicht als Extremist aufgefallen.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise, dass der Mann am 1. Mai 1969 im sauerländischen Olsberg geboren worden sei, aber schon lange in Münster gelebt habe. Er habe in einer Wohnung in der Nähe des Tatorts gewohnt. Das ZDF berichtete, der Mann habe vor kurzer Zeit einen Suizidversuch unternommen.
Augenzeugin: „Beamte vor Ort sprachen bereits von Terroranschlag“
Derzeit geht man also offiziell nicht von einem terroristischen Angriff aus. Allerdings meinte eine Augenzeugin in der n-tv-Sondersendung, dass die eintreffenden Polizeibeamten die Menschen die Information mittgeteilt hätten, es handle sich um einen Terroranschlag und sie sollten sich in Sicherheit bringen. Es war der erste schöne Frühlingstag, zahlreiche Menschen nutzten ihre Zeit, um in der Altstadt zu schlendern und in diverse Gastgärten einzukehren. Nun herrscht Ausnahmezustand in Münster. Alle im Bundesland Nordrhein-Westfalen verfügbaren Polizeikräfte wurden dorthin beordert. Die Verletzten - unter ihnen sollen sich auch einige in Lebensgefahr befinden - wurden in umliegende Krankenhäuser gebracht bzw. an Sammelpunkten verarztet.
AfD ätzt mit „Wir schaffen das“-Tweet gegen Merkel
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte, sie sei zutiefst erschüttert. „Es wird jetzt alles Denkbare zur Aufklärung der Tat und zur Unterstützung der Opfer und ihrer Angehörigen getan. Allen Einsatzkräften vor Ort gilt mein Dank.“ Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der französische Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) äußerten ihre Solidarität. Die Vize-Fraktionschefin der rechtspopulistischen AfD, Beatrix von Storch, ließ auf Twitter erkennen, dass sie jedenfalls einen islamistischen Hintergrund der Tat vermutet. „WIR SCHAFFEN DAS!“, twitterte sie, ergänzt um ein Emoticon in Zornesröte, die vielzitierte Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingskrise. Am Abend meinte von Storch sarkastisch: „Entwarnung. Alles wird gut. (...) Weil es diesmal (wohl) ein kranker Deutscher war.“
Entsetzen bei „Tatort“-Schauspielern
Entsetzen herrscht auch beim Ermittlerteam des Münsteraner Fernseh-„Tatorts“: „Erste Bilder und Nachrichten aus Münster brechen mir das Herz. Einer der friedlichsten und freundlichsten Orte, die ich kenne - trotz dieses kranken Anschlags“, schrieb der als Rechtsmediziner Professor Karl-Friedrich Boerne bekannte Schauspieler Jan Josef Liefers auf Twitter. Ähnlich äußerte sich Liefers‘ Kollege Axel Prahl, der als Hauptkommissar Frank Thiel auftritt: „Wir denken an Euch“, teilte Prahl auf Facebook mit. „Münster, bleib wie du warst und wie wir dich lieben: offen, friedlich, freundlich, stark und stolz. Lass dich jetzt nicht unterkriegen", lautete sein Appell.
Erst am Freitagabend war in der ostdeutschen Stadt Cottbus ein Geländewagen in eine Fußgängergruppe gerast. Zwei Menschen wurden dabei verletzt. Der Tatverdächtige soll unter Einfluss von Alkohol Polizisten beleidigt und rechtsgerichtete Parolen skandiert haben.
Jahrestag des Anschlags von Stockholm
Erschreckendes Detail: Auf den Tag genau vor einem Jahr war am 7. April 2017 in der schwedischen Hauptstadt Stockholm ein 39-jähriger Usbeke mit einem zuvor gestohlenen Lkw durch die Fußgängerzone in der Innenstadt gerast. Fünf Menschen kamen dabei ums Leben, 15 weitere wurden verletzt.
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