Nach Seilbahn-Projekt

U-Bahn für Graz: Hirngespinst oder bahnbrechend?

Steiermark
11.04.2018 06:00

Hirngespinst oder bahnbrechende Vision? Die schwarz-blaue Koalition in Graz will den ganz großen Öffi-Wurf landen und den Untergrund der Murmetropole erschließen. Eine U-Bahn bzw. Mini-Metro soll den Grazer Osten mit dem Westen verbinden.

Für den Grazer VP-Bürgermeister Siegfried Nagl sind herkömmliche Öffis, also Bim und Bus, an die Kapazitätsgrenzen gelangt. Es fehle oft der Platz für weitere nachhaltige Bim-Ausbauten. Ein Schicksal, das Graz mit vielen anderen österreichischen Städten teilt. Nagls blauer Koalitionspartner, FP-Vizebürgermeister Mario Eustacchio, ist an Bord: „Der letzte Besuch von Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) und die gemeinsame Erklärung von ihm mit Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) haben uns in Graz ermutigt, diesen Weg offensiv aufzuzeigen.“

Nagl (re.) und Eustacchio (Bild: APA/ERWIN SCHERIAU)
Nagl (re.) und Eustacchio

Heißt: Die Grazer erwarten sich für ihre U-Bahn- bzw. Mini-Metro-Pläne Millionen vom Bund - wie ja auch Wien für seine U-Bahn-Ausbauten immer wieder unterstützt wurde. Die exakten Kosten sind vorerst unklar, Detailplanungen beginnen erst. Kommt eine U-Bahn analog zu Wien? Eine Mini-Metro? Eine selbstfahrende „Straßenbahn“? Wird die Strecke komplett oder teilweise unterirdisch geführt usw.?

Graz will nach Wien Österreichs zweite Stadt mit einer eigenen U-Bahn werden. Man ist zuversichtlich, dass es dafür Geld vom Bund gibt. (Bild: Siemens-AG Österreich, stock.adobe.com, krone.at-Grafik)
Graz will nach Wien Österreichs zweite Stadt mit einer eigenen U-Bahn werden. Man ist zuversichtlich, dass es dafür Geld vom Bund gibt.

Stadtseilbahn über der Mur und Wasserstoffbusse
Nagl forciert zudem eine Stadtseilbahn, die dem Lauf der Mur durch die Stadt folgt und den Grazer Norden mit dem Süden verbindet (siehe Grafik oben) - ein Projekt, das schon eine Weile dahinköchelt. Aber nun hat man sich auf eine Streckenführung verständigt. Auch in diesem Fall geht Schwarz-Blau in Graz von finanzieller Hilfe durch Schwarz-Blau im Bund aus. Weitere Mittel erhofft man sich von der EU.

Planspiel der Firma Doppelmayr für eine Stadtseilbahn in Vorarlberg. In Graz soll auf ähnliche Weise der Norden mit dem Süden verbunden werden. (Bild: Kairos/Doppelmayr)
Planspiel der Firma Doppelmayr für eine Stadtseilbahn in Vorarlberg. In Graz soll auf ähnliche Weise der Norden mit dem Süden verbunden werden.

Apropos Seilbahn: Eine solche soll schon bald auch das Naherholungsgebiet Plabutsch im Grazer Westen erschließen. Bei den herkömmlichen Öffis will Graz ebenfalls neue Wege gehen, etwa mit wasserstoffbetriebenen Bussen. Tests laufen. „Graz“, so Projektleiter Wolfgang Malik, der Chef der Holding Graz, „soll beim Verkehr die innovativste Region Österreichs werden.“

TU-Experte Fallast: „Zu wenig Platz für Öffis und Autos“

Kurt Fallast, Verkehrsexperte an der TU Graz (Bild: Fallast)
Kurt Fallast, Verkehrsexperte an der TU Graz

„Krone“: Stoßen Österreichs Städte mit herkömmlichen Öffis an Grenzen?
Kurt Fallast: Linz denkt an eine Stadtsteilbahn, andere Städte auch. Solange man sich nicht entschließt, dem Kfz-Verkehr Platz wegzunehmen, sehe ich keine Möglichkeit für neue Öffi-Flächen. Man kann ja nicht bestehende Häuserzeilen wegreißen. Zu einer Änderung der Werthaltung bezüglich des Kfz-Verkehrs kann man sich derzeit aber nicht durchringen.

Graz will den großen Wurf - eine U-Bahn und eine Stadtseilbahn.
Eine U-Bahn wie in Wien macht in Graz nicht viel Sinn, dazu ist Graz zu klein. Aber es gibt Zwischenlösungen, etwa autonom fahrende Straßenbahnen, die als Unterflurbahn geführt werden. Ein starkes Kreuz aus einer West-Ost- und Nord-Süd-Verbindung ist für Graz sicher sinnvoll. Man sollte nicht reflexartig Ja oder Nein sagen und in Ruhe überlegen.

Und die Seilbahn?
Die macht ganz sicher Sinn. Ich gebe offen zu, dass ich zuerst dagegen war. Die Frage ist, wo ich in Graz noch eine Bim unterbringen kann. Das geplante Ausweichen mit der Seilbahn über die Mur wäre definitiv wirksam. Mit der Seilbahn könnten auch Güter in der Stadt verteilt werden.

Gerald Richter, Kronen Zeitung

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