Verwirrende Tweets

Raketen gegen Assad: Macht Trump Drohung wahr?

Ausland
11.04.2018 22:47

Donald Trumps verwirrende Twitter-Botschaften lassen die Weltgemeinschaft nun auch bezüglich seiner Reaktion auf einen mutmaßlichen Giftgasangriff auf Zivilisten in der syrischen Stadt Duma ratlos zurück. „Russland, mach dich bereit! Raketen werden kommen“, tönte der US-Präsident am Mittwoch auf Twitter, nachdem er tagelang mit seinen westlichen Partnern - allen voran Großbritannien, Frankreich und Israel - beraten und sich wohl auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den syrischen Machthaber Bashar al-Assad geeinigt hatte. Doch kurze Zeit später postete der mächtige Mann im Weißen Haus eine etwas einlenkende Botschaft, in der er von einem Ende des Wettrüstens sprach.

„Unser Verhältnis zu Russland ist schlechter als es je war, den Kalten Krieg eingeschlossen“, schrieb der 71-Jährige. Dafür gäbe es keinen Grund, meinte er. Russland sei auf wirtschaftliche Hilfe der Vereinigten Staaten angewiesen, die diese „sehr einfach“ leisten könnten. Trump rief zudem alle Staaten zur Zusammenarbeit auf und stellte die Frage in den Raum, ob man das Wettrüsten beenden sollte. 

Weißes Haus: Militärschlag in Syrien nicht die einzige Option
Ein Militärschlag sei nach Aussage des Weißen Hauses aber nicht die einzige US-Option zur Lösung der Syrien-Krise. „Es ist sicher eine Option, aber das heißt nicht, dass es die alleinige Option ist“, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Sanders, am Mittwoch in Washington. Trump habe eine Reihe von Möglichkeiten, nicht nur militärische. Zunächst sollten die Gespräche mit den Partnern Israel, Saudi-Arabien, Frankreich und Großbritannien fortgeführt werden. Es gebe keinen Zeitplan, sagte Sanders.

März 2018: Zivilisten bei der Flucht aus Ost-Ghouta (Bild: AFP)
März 2018: Zivilisten bei der Flucht aus Ost-Ghouta

Zuvor hatte Russland als Reaktion auf die Raketen-Drohung Trumps erklärt, jegliche US-Rakete auf syrischem Hoheitsgebiet abzufangen. „Sollte es einen Angriff vonseiten Amerikas geben, werden die Raketen abgeschossen und die Objekte angegriffen, von denen sie abgefeuert wurden“, sagte der russische Botschafter im Libanon, Alexander Sasypkin, am Dienstagabend im libanesischen Fernsehen.

Moskau: „Intelligente Raketen“ sollten in Richtung Terroristen fliegen
Zudem kritisierte der Kreml die „Twitter-Diplomatie“ Trumps heftig und mahnte zur Vorsicht: Die Geschosse sollten in Richtung Terroristen und nicht auf rechtmäßige Regierungen fliegen. Der Einsatz „intelligenter Raketen“ könne ein Versuch sein, Beweise für einen mutmaßlichen Angriff mit Chemiewaffen in Syrien zu zerstören. Damit spielte die russische Führung auf den Vorwurf an, es könnte sich lediglich um einen gemeinsam mit syrischen Rebellen inszenierten Angriff handeln, um eine Militärintervention der USA zu legitimieren. Expertenteams der Organisation für ein Verbot von Chemiewaffen (OPCW) hatten erst am Dienstag grünes Licht für eine Untersuchungsmission am Ort des mutmaßlichen Giftgasangriffs bekommen. Ihre Mission würde durch einen Angriff nun völlig konterkariert.

Iran sichert Syrien Solidarität zu
Am Mittwochabend hat sich auch der Iran zu Wort gemeldet und Syrien Solidarität gegen „ausländische Aggression“ zugesichert. „Der Iran unterstützt Syrien in seinem Kampf gegen Amerika und das zionistische Regime“, sagte Ali Akbar Velayati, der Spitzenberater des geistlichen und politischen Oberhaupts Ayatollah Ali Khamenei. Der Iran ist neben Russland der wichtigste Unterstützer Assads.

Eine von zahlreichen Giftgasopfer-Aufnahmen, die von der Hilfsorganisation Weißhelme verbreitet werden (Bild: AP)
Eine von zahlreichen Giftgasopfer-Aufnahmen, die von der Hilfsorganisation Weißhelme verbreitet werden

Bezüglich des mutmaßlichen Giftgasangriffes hat sich Trump mit seinen Aussagen zu den „roten Linien“ im Syrien-Krieg ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt und sich enorm unter Druck gesetzt. Aus diesem Grund schätzen mehrere Nahostexperten es als realistisch ein, dass tatsächlich Raketen auf Assads Regime fallen werden. In welcher Intensität, darüber wird gestritten. Russland will jedenfalls seine Militärpolizei nach Duma verlegen, die dort für Sicherheit und Ordnung sorgen soll. Die Rebellen haben am Sonntag begonnen, sich aus der Stadt zurückzuziehen.

Drei mögliche Szenarien, wie es in Syrien nun weitergeht:

  • Zeitlich und örtlich begrenzter Luftschlag: Ähnlich wie nach dem letzten Massenmord durch chemische Kampfstoffe im Ort Khan Scheikhoun im Vorjahr, als Trump Luftangriffe auf die syrische Militärbasis Al-Shayrat befahl, könnte es auch diesmal gezielte Angriffe auch die „chemischen Kapazitäten“ des Bürgerkriegslandes geben, wie es Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Dienstag andeutete.
  • Breitere Militäroperation und erneutes Aufrüsten der Rebellen: Anzeichen für eine längere Miliäroperation sind alleine schon die zahlreichen Telefonate mit Macron und Theresa May. Medienberichten zufolge dürfte auch Saudi-Arabien seine Unterstützung zugesagt haben. Die russische Marine hat in den vergangenen Tagen „verdächtige und unangemeldete“ Bewegungen von US-Kriegsschiffen im östlichen Mittelmeer gemeldet. Da auch Bodentruppen notwendig sind, bedingt dieses Szenario auch ein erneutes Aufrüsten der derzeit wichtigsten Rebellengruppen in Syrien. Da es sich aber häufig um islamistische Gruppierungen handelt, könnten US-Waffen irgendwann auch gegen den die „Ungläubigen“ verwendet werden. Dies ist in der Vergangenheit im Irak und in Syrien nicht nur einmal passiert.
  • Warten auf OPCW-Ermittlungsergebnis und Diplomatie: Die diplomatischen Bemühungen der vergangenen Tage waren wenig zielführend. Russland und die USA blockierten sich mehrere Male gegenseitig im UN-Sicherheitsrat und nutzten das internationale Parkett zu gegenseitigen Beschimpfungen. Allerdings könnte es in diesem Szenario trotzdem so weitergehen, sollte der Westen einsehen, dass man vielleicht doch vorerst auf ein Ermittlungsergebnis der Chemiewaffenexperten warten sollte. Die Untersuchung der Proben in OPCW-Labors dauert ein bis zwei Wochen. Ihren Abschlussbericht sollen die Ermittler binnen 30 Tagen dem Exekutivrat der OPCW übergeben.
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