Im Fall rund um den erschossenen Wiener Wachsoldaten Ismail M. wird sich der Schütze, Ali Ü. (22), wegen Mordes vor Geschworenen verantworten müssen. Die Staatsanwaltschaft geht demnach davon aus, dass es sich um eine vorsätzliche Tötung gehandelt hat. Demgegenüber geht die Verteidigung von Fahrlässigkeit aus, erklärte der Anwalt des Beschuldigten.
Nach Angaben des Beschuldigten hatte sich der Schuss, der den Rekruten tötete, versehentlich gelöst, als er gestolpert sei und sich am Abzug seines Sturmgewehres festgehalten habe. Der Vorfall ereignete sich am 9. Oktober im Ruheraum eines Wachcontainers der Kaserne in Wien-Leopoldstadt. 105 Tage saß Ali Ü. danach unter Mordverdacht in U-Haft.
Nach einer Tatrekonstruktion im Jänner kam der Soldat auf freien Fuß, was vom Gericht mit dem Wegfall des dringenden Tatverdachts in Richtung Mord begründet wurde. Gegen diese Entscheidung erhob die Staatsanwaltschaft Beschwerde beim Oberlandesgericht. Nach sechs Wochen in Freiheit ging er wieder, halb freiwillig, ins Gefängnis. „Das Drama war ein Unfall“, beteuerte er gegenüber der „Krone“.
Video: Verdächtiger sitzt erneut in U-Haft
Mordanklage eingebracht
Gerichtssprecherin Christina Salzborn erklärte jetzt, dass am Donnerstag eine Mordanklage beim Landesgericht eingebracht wurde. „Seitens der Verteidigung besteht die Möglichkeit, gegen die Anklage einen Einspruch zu erheben.“ Erst dann sei die Ausschreibung der Hauptverhandlung möglich, erläuterte Salzborn. Prozesstermin gibt es daher noch keinen.
„Mit der Waffe ,blöd gespielt‘“?
Der Verdächtige erklärte, dass ihm während der Wache das Gewehr auf den Boden geknallt sei. Der Todesschuss soll durch einen Unfall - einen „Stolperer“ im Ruheraum - gefallen sein, als beide rauchen gehen wollten. Dafür muss allerdings die Kriegswaffe entsichert sein und es muss der Schuss ausgelöst werden. „Es kann sein, dass sich der junge Mann zuvor mit der Waffe ,blöd gespielt‘ hat“, erklärte Anwalt Manfred Arbacher-Stöger.
Kein Einspruch
Die Verteidigung werde gegen die Mordanklage keinen Einspruch erheben, sagte der Rechtsvertreter des Soldaten, Manfred Arbesser-Stöger. Man gehe aber „nach wie vor von Fahrlässigkeit aus“, so der Anwalt.
Gutachten über Sturmgewehr
Im Zuge der Ermittlungen war auch ein Gutachten über die Standardwaffe des Bundesheeres, das StG77, erstellt worden. Dabei wurde auch festgestellt, dass ein Repetieren - also ein Durchladen - der Waffe beim Zu-Boden-Fallen möglich ist. Ein Zusammenhang mit einer tatsächlichen Schussabgabe besteht dadurch aber freilich nicht.
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