Raketen auf Syrien

Russland: „Angriff kommt zum falschen Zeitpunkt“

Ausland
14.04.2018 11:29

Die USA, Großbritannien und Frankreich haben den von US-Präsident Donald Trump vor wenigen Tagen angekündigten Angriff auf Syrien in der Nacht auf Sonntag in einer gemeinsamen Welle gestartet und drei Ziele bombardiert (Video oben). Russland, der wichtigste Verbündete des syrischen Machthabers Bashar al-Assad, schäumt vor Wut. „Der Angriff kommt zum falschen Zeitpunkt“ und gefährde den Friedensprozess in Syrien, hieß es aus Moskau, das dem Westen mit „Konsequenzen“ drohte. Der ebenfalls mit Syrien Verbündete Iran sprach von einem „Verbechen“.

„Russland verurteilt entschieden den Angriff auf Syrien, wo die russischen Streitkräfte die legitime Regierung in ihrem Kampf gegen den Terrorismus unterstützen“, teilte der Kreml am Samstag in Moskau mit. Zugleich verlangte die russische Führung eine Krisensitzung des UN-Sicherheitsrates, bei der die „aggressiven Aktionen der USA und ihrer Verbündeten“ besprochen werden sollten. 

 „Das erfordert harte Maßnahmen"
Zudem drohte der russische Botschafter in Washington, Anatoli Antonow, dem Westen mit „Konsequenzen“. 
Der ranghohe russische Verteidigungspolitiker Viktor Bondarew sagte: „Solche Handlungen sind ein Verbrechen gegen die Welt und die Menschheit. Das erfordert harte Maßnahmen.“ Allerdings fügte der Ausschussvorsitzender des russischen Föderationsrates für Verteidigung und Sicherheit hinzu, diese Maßnahmen müssten „angemessen und durchdacht“ sein und „von der Weltgemeinschaft kommen“.

(Bild: AFP/HO/SYRIAN GOVERNMENT'S , AP, krone.at-Grafik)

„Westen gefährdet den Friedensprozess“
 Moskau wirft den USA, Großbritannien und Frankreich vor, mit ihrem Angriff auf Syrien den Friedensprozess zu gefährden. Der Angriff sei genau jetzt geschehen, als Syrien „endlich eine echte Chance auf Frieden“ bekommen habe, schrieb die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, am Samstag auf Facebook. Der Angriff sei zum Zeitpunkt intensiver Friedensbemühungen erfolgt. „Diejenigen, die dahinterstecken, berufen sich auf ihren moralischen Führungsanspruch in dieser Welt und erklären ihre Einzigartigkeit.“

Rauchschwaden sind in Damaskus nach Luftschlägen der USA, Großbritanniens und Frankreichs zu sehen. (Bild: AP)
Rauchschwaden sind in Damaskus nach Luftschlägen der USA, Großbritanniens und Frankreichs zu sehen.

Es gebe weiterhin keine Beweise für den mutmaßlichen Giftgasangriff auf die Stadt Duma, schrieb Sacharowa. Sie verglich die Situation mit dem Angriff auf den Irak 2003. Damals habe das Weiße Haus unter anderem seinen Außenminister (Colin Powell, Anm.) für eine Rechtfertigung benutzt, heute benutze Washington die Medien.

Eine von zahlreichen Giftgasopfer-Aufnahmen, die von der Hilfsorganisation Weißhelme verbreitet werden (Bild: AP)
Eine von zahlreichen Giftgasopfer-Aufnahmen, die von der Hilfsorganisation Weißhelme verbreitet werden
Armee-Sprecher Igor Konaschenkow präsentierte während seiner Pressekonferenz mehrere Aufnahmen aus der russischen „Beweissammlung“. (Bild: AP)
Armee-Sprecher Igor Konaschenkow präsentierte während seiner Pressekonferenz mehrere Aufnahmen aus der russischen „Beweissammlung“.

Damaskus: "Westen will nur seine Lügen kaschieren
In einer ersten Reaktion auf die westlichen Raketenangriffe prangerte die syrische Führung eine „barbarische und brutale Aggression“ an, die nur dazu diene, die für Samstag geplante Untersuchungsmission der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) zu verhindern. Auf diese Weise wolle der Westen „seine Lügen“ hinsichtlich eines angeblichen Chemiewaffenangriffs in der Stadt Duma kaschieren. „Einmal mehr bestätigen die USA und die Achse zur Unterstützung des Terrors, dass sie gegen internationales Recht verstoßen, über das sie bei den Vereinten Nationen prahlerisch reden.“

 Sicherheitskräfte in Duma einmarschiert
Nur Stunden nach dem Angriff rückten syrische Sicherheitskräfte nach Angaben des Staatsfernsehens in das zuvor eroberte Duma vor, der letzten Rebellen-Bastion in der Region Ost-Ghouta nahe Damaskus. In wenigen Stunden werde die Stadt vollständig „von der terroristischen Präsenz“ befreit sein, hieß es weiter in Bezug auf die Rebellen.

Die Führung in Damaskus zeigte sich damit nach den Angriffen des Westens betont unbeugsam. Das Präsidentenbüro verbreitete am Samstagmorgen ein acht Sekunden langes Video, das zeigt, wie Staatschef Assad den Eingang zum Präsidentenpalast betritt. In der Hand hält der mit Anzug und Krawatte bekleidete Machthaber eine Aktentasche. Zu dem Video schrieb das Präsidentenbüro: „(Guten) Morgen der Standhaftigkeit“. Wann das Video gefilmt wurde, ist unklar.

Iran bezeichnet Trump, Macron und May als „Kriminelle“
 Das geistliche Oberhaupt des mit Syrien verbündeten Iran, Ali Khamenei, erklärte am Samstag in Teheran: „Der Angriff gegen Syrien ist ein Verbrechen. Der amerikanische Präsident Donald Trump, der französische Präsident Emmanuel Macron und die britische Premierministerin Theresa May sind Kriminelle.“

Ayatollah Ali Khamenei (Bild: AP)
Ayatollah Ali Khamenei

Die ebenfalls mit Syrien verbündete libanesische Schiitenmiliz Hisbollah verurteilte den Angriff der Westmächte „aufs Schärfste“. Er sei eine offene Verletzung der Souveränität Syriens und der Würde seines Volkes, hieß es am Samstag in einer Mitteilung der bewaffneten Gruppe aus dem Nachbarland. Die Aggression stelle eine direkte Unterstützung von „Verbrecherbanden“ und „Terror“ dar. Der Krieg, den die USA gegen Syrien führe, werde seine Ziele nicht erreichen. Auch der Iran, eine weitere Schutzmacht Assads, verurteilte die Angriffe als klaren Verstoß gegen internationale Vorschriften.

Rauchsäulen nach Luftschlägen der USA, Großbritanniens und Frankreich in Syrien (Bild: AP)
Rauchsäulen nach Luftschlägen der USA, Großbritanniens und Frankreich in Syrien

Israel: „Angriffe wichtiges Signal an den Iran, Syrien und die Hisbollah“
Syriens Nachbarland Israel hingegen betrachtet die Angriffe als „wichtiges Signal“ an den Iran, Syrien und die Hisbollah. Ein israelischer Regierungsvertreter sagte am Samstag, US-Präsident Donald Trump habe Assad zuvor deutlich gemacht, dass dieser mit dem Gebrauch von Chemiewaffen die rote Linie überschreite. Auch das türkische Außenministerium begrüßte die US-geführten Angriffe als „angemessene Antwort“.

EU steht mit ihren Verbündeten auf der Seite der Gerechtigkeit
Die EU steht nach Aussage von Ratspräsident Donald Tusk ebenfalls hinter ihren Verbündeten. „Die Angriffe der USA, Großbritanniens und Frankreich machen deutlich, dass das syrische Regime zusammen mit Russland und dem Iran nicht mit dieser menschlichen Tragödie fortfahren kann, zumindest nicht ohne Folgen. Die EU wird mit ihren Verbündeten auf der Seite der Gerechtigkeit stehen“, so Tusk in Brüssel. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärte: „Die internationale Gemeinschaft hat die Verpflichtung, die Verantwortlichen von Giftgasattacken zu identifizieren und zur Rechenschaft zu ziehen.“

Donald Tusk (Bild: AP, thinkstockphotos.de)
Donald Tusk

NATO: „Gebrauch chemischer Waffen ist nicht zu akzeptieren“
Auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg unterstützt den Angriff der USA, Großbritanniens und Frankreichs: „Das wird die Fähigkeiten der Führung einschränken, weiter die Menschen in Syrien mit chemischen Waffen anzugreifen.“
 Die NATO habe wiederholt Syriens Einsatz von Chemiewaffen als klaren Bruch internationaler Regeln verurteilt. „Der Gebrauch von chemischen Waffen ist nicht zu akzeptieren, und die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden“, so Stoltenberg weiter.

Ein französisches Kampfflugzeug, das an den Luftschlägen gegen das Assad-Regime beteiligt war (Bild: AFP)
Ein französisches Kampfflugzeug, das an den Luftschlägen gegen das Assad-Regime beteiligt war

Bei den Angriffen in den frühen Morgenstunden des Samstags habe es sich nach US-Angaben um Präzisionsschläge gegen die Infrastruktur der chemischen Waffenproduktion des Landes gehandelt. Es seien mehrere militärische und Forschungseinrichtungen sowie eine Lagerstätte für den Kampfstoff Sarin attackiert worden.

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