Schon im Mai soll feststehen, wie man die Zahl der Sozialversicherungsträger reduziert und die Aufgaben zwischen ihnen besser verteilen kann. Die komplexen Strukturen erschweren den Prozess.
Unter den Hunderten Funktionären in der heimischen Sozialversicherung herrscht Unruhe. Die Frage, die jeden beschäftigt: Wird’s mich „nachher“ noch geben? Denn die Regierung will umbauen. Dabei geht es weniger um eine Gesundheits- als vielmehr um eine Strukturreform. Am Ende werden es statt 21 Trägern wohl nur vier oder fünf sein. Die Selbstverwaltung der Sozialpartner wird vor allem eine Aufsichtsratsfunktion haben, mutmaßen viele.
Das geht nicht von heute auf morgen, zu komplex sind die Strukturen (Grafik oben). Von den 21 Trägern gibt es drei, die sowohl Kranken- als auch Pensions- und Unfallversicherung abdecken. Sechs sind in zwei Sparten tätig, 14 sind nur Krankenversicherer. „Das Quersubventionieren von Krankenkassen und Ländern muss sich aufhören“, streicht der Gesundheitsexperte Ernest Pichlbauer die große Schwäche des heutigen Systems hervor.
Schon im Mai will die Regierung eine erste „Punktuation“ vorlegen, aus der dann Gesetze folgen. Bis alles umgesetzt ist, werden allerdings Jahre vergehen, darin sind sich Kenner der Strukturen einig. Die „Krone“ kennt die grobe Linie: Der Hauptverband der Sozialversicherungen, der jetzt ein Dachverband ohne Durchgriffsrecht ist, wird zur ÖKK (Österreichische Krankenkasse).
Neuer Dachverband legt Leistungsumfang und Tarife fest
Er bestimmt, welche Leistungen bezahlt und angeboten und in welcher Höhe abgegolten werden. Die Gebietskrankenkassen werden aber weiter in ihren Bundesländern die Hoheit über die Kassenverträge mit den Ärzten haben. Die unterschiedlichen Zuzahlungen für die Patienten werden aber vereinheitlicht, so der Plan. Pichlbauer: „Man muss aufpassen, dass das kein Etikettenschwindel wird und in Wahrheit die alten Strukturen bestehen bleiben.“
Für Beamte und Selbstständige könnte es eine eigene (Kranken-)Kasse geben, in die auch die 14 KFAs (Krankenfürsorgeanstalten) der Gemeinden eingebracht würden. „Da könnte es aber zu verfassungsrechtlichen Problemen kommen, daher würde man das nur mit Zweidrittelmehrheit beschließen können“, warnt Pichlbauer. Denn schon einmal hat sich z. B. die BVA (Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter) erfolgreich geweigert, beim „Ausgleichsfonds“ der Krankenkassen mitzumachen. Da ging es darum, dass „reiche“ Kassen (viele gut verdienende Beitragszahler, wenig oder keine Arbeitslose usw.) den ärmeren finanziell unter die Arme greifen, was nur teilweise funktioniert.
Die Pensionsversicherung könnte (außer für Beamte) bei der PVA konzentriert werden. Die Unfallversicherung ist ein Zankapfel: Die AUVA macht sie für Arbeiter und Angestellte, Selbstständige, Bauern und Beamte machen sie selber. Das wollen einige den Kassen übertragen. Die Unfallspitäler der AUVA können auch die Länder führen. Pichlbauer: „Nur 17 Prozent der Patienten dort sind von der AUVA eingewiesen.“
Durch die Entflechtung der Strukturen werden möglicherweise Geldmittel frei, die man dort einsetzen kann, wo sie dringend benötigt werden. Denn modernere Medizin und alternde Bevölkerung sorgen dafür, dass die Gesundheitsausgaben weiter steigen werden.
Manfred Schumi, Kronen Zeitung
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