Wiens Sozialstadträtin hätte bereits die Justiz informieren müssen: In der neuen krone.at-Talkshow #brennpunkt berichtete ein Magistratsbeamter über weitere Missstände im Mindestsicherungssystem. So würden „viele Sozialgeldbezieher nicht in Wien, sondern im Ausland leben, aber trotzdem kassieren“ - die Kontrollen seien viel zu lasch. Laut Rechnungshof wird Wiens Sozialgeldsystem im Jahr 2022 bereits 1,8 Milliarden Euro kosten.
In der teils hitzigen TV-Debatte (die Aufzeichnung gibt’s auf krone.at) diskutierten am Mittwochabend Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mit SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher, Grünen-Chef Werner Kogler und dem Sozialrechtsexperten Univ.-Prof. Wolfgang Mazal über die nun von der Bundesregierung angesetzte Reform der Mindestsicherung. Den im rot-grünen Wien besonders dramatischen Anstieg der Sozialgeld-Kosten versuchten Lercher wie auch Kogler im krone.at-Talk bei Katia Wagner zu relativieren - es gebe kaum Probleme, der soziale Friede müsste den Österreichern „eben etwas wert sein“.
„Natürlich gibt’s auch nach Erscheinen des kritischen Rechnungshofberichts in Wiens Mindestsicherungssystem noch immer große Probleme“, widersprach ein treuer Informant der „Krone“ dieser Darstellung der Politiker.
„Viele Sozialgeld-Bezieher reisen nach Antrag zurück in ihre Heimat“
Anonymisiert deckte der langjährige Beamte der MA 40 (Sozialhilfe) vor laufender Kamera noch einen für die Steuerzahler teuren Missstand in Wien auf: „Viele Sozialgeld-Bezieher reisen kurz nach der Einreichung ihres Mindestsicherungsantrags gleich wieder zurück in ihre Heimat.“ Das seien vor allem Staatsbürger aus Rumänien oder Bulgarien. Wird ein neuer Antrag nötig, kämen sie wieder nach Wien. Der Informant: „Und die Kontrollen sind viel zu lasch.“ Somit fließen fast ungeprüft extrem hohe Mindestsicherungszahlungen an Personen, die gar nicht in Österreich leben.
„Zwei Frauen mit je zehn bis 15 Kindern“
Der MA-40-Beamte kritisierte in seinem Statement auch: „Es beantragen in Wien auch viele Türken Mindestsicherung, auf dem Antrag steht dann ,österreichischer Staatsbürger’, zur Identitätsfeststellung wird aber dann ein gültiger türkischer Reisepass vorgelegt.“ Einige dieser türkischen Sozialgeld-Bezieher hätten auch „zwei Frauen mit je zehn bis 15 Kindern“.
Bei einer Mindestsicherung von monatlich 863,04 Euro und 233,02 Euro pro Kind summiert sich der Sozialgeld-Bezug auf mindestens 3840,42 Euro für diese Familien, die Kinderbeihilfezahlungen (mehr als 1000 Euro bei zehn Kindern) kommen noch dazu, ebenso wie Sachleistungen und diverse Vergünstigungen.
Aus dem Büro der Sozialstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) kam eine knappe Stellungnahme: „Man vergleicht die Angaben der Mindestsicherungsbezieher mit den Daten des Zentralmelderegisters. Wenn die Behörde den Verdacht hat, dass jemand nicht da ist, wird eine Kontrolle veranlasst.“ Wie viele Kontrollen es im Jahr 2017 gab, ist allerdings nicht bekannt.
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