Die SPÖ-Feiern zum 1. Mai in Wien sind heuer unter einem besonderen Stern gestanden: Zum letzten Mal hielt Bürgermeister Michael Häupl von der Festbühne am Rathausplatz vor rund 120.000 Menschen eine Rede. Erstmals zu Wort kam dafür der neue Wiener SPÖ-Vorsitzende und künftige Bürgermeister Michael Ludwig. Zu den weiteren Rednern gehörten die frisch gekürte AK-Präsidentin Renate Anderl sowie SPÖ-Chef Christian Kern. Dieser ging erwartungsgemäß mit der Regierung hart ins Gericht: Er werde das „offene Gesellschaftsmodell“, das von Türkis-Blau gefährdet sei, „mit allen Zähnen verteidigen“, kündigte er an.
Vor der Festveranstaltung war der jährliche Mai-Marsch in Szene gegangen, der die SPÖ und ihre Anhänger aus den Wiener Bezirken ins Zentrum führte. Marschiert wurde auch seitens der KPÖ. Wohin die Reise inhaltlich ging, wurde auf den Transparenten und Schildern verdeutlicht. Dort stand die Kritik an der Bundesregierung im Mittelpunkt. Auch die Vertreter der Parteispitze ließen in ihren Reden kein gutes Haar an Vorhaben wie dem Zwölfstundentag oder den AUVA-Einsparungsplänen. Jubel und Applaus setzte es aber nicht nur für die Angriffe in Richtung Bund - sondern auch für den Abschiedsauftritt von Michael Häupl.
120.000 Menschen aufmarschiert
SPÖ-Chef Kern würdigte in seiner Rede bei der Abschlusskundgebung zunächst aber nicht den scheidenden Langzeit-Bürgermeister, sondern ausnahmsweise den Gegner: „Ich möchte mich bei der österreichischen Bundesregierung für die Rekordbeteiligung am Wiener Rathausplatz bedanken.“ Laut SPÖ sind bei sonnigem Frühlingswetter 120.000 Menschen aufmarschiert - so viele wie seit einigen Jahren nicht mehr, wie es hieß. Die einzelnen Delegationen hätten bis zu 15 Prozent mehr Teilnehmer verzeichnet.
Kern: „Offenes Gesellschaftsmodell mit allen Zähnen verteidigen“
Kern versprach den Genossen, das „offene Gesellschaftsmodell“ - für das die SPÖ stehe - „mit allen Zähnen verteidigen“ zu wollen. Denn es sei die Sozialdemokratie, die von sich behaupten könne, 100 Jahre lang Demokratie und Rechtsstaat verteidigt zu haben. Diese Errungenschaften seien freilich „zerbrechliche Wesen“.
„Wir erleben, dass Journalisten bedroht werden und die Pressefreiheit infrage gestellt wird“, verwies der SPÖ-Chef außerdem auf die jüngste FPÖ-Kritik an den ORF-Korrespondenten. „Ich kann versprechen, dass wir das Bündnis mit all jenen suchen, für die (Ungarns Premier, Anm.) Viktor Orban kein politisches Vorbild ist“, gelobte der SPÖ-Bundesparteivorsitzende.
Häupl: „Ich werde nicht unpolitisch“
Zum Finale ergriff der scheidende Bürgermeister Häupl das Wort. Er ist noch bis zum 24. Mai Stadtoberhaupt, den Chefposten in der Partei hat er bereits im Jänner an Ludwig übergeben. In seiner letzten Rede als Bürgermeister sagte er, die Menschen bräuchten die Sozialdemokratie nun mehr denn je. „Das Gespenst des Populismus, das durch ganz Europa zieht, ist erschreckend. Aber seid euch sicher, wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokratien wehren uns dagegen.“
Häupl sagte, er sei dankbar, dass er jede Minute in den vergangenen Jahren mit der sozialdemokratischen Bewegung gegen die Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft kämpfen durfte. „Seid versichert, ich werde künftig nicht unpolitisch. Ich setze mich auch weiterhin jeden Tag für meine sozialdemokratischen Prinzipien ein. Ich bin bei euch und ihr seid in meinem Herzen.“
Kurz im Pflegeheim, FPÖ im Festzelt, NEOS bei „Tag der Bildung“
Bescheiden ging die ÖVP den „Tag der Arbeit“ an, Parteichef Sebastian Kurz besuchte eine Pflegeeinrichtung in Wien-Ottakring. Die FPÖ traf sich wie in den vergangenen Jahren zu einer Festveranstaltung in Linz-Urfahr, zu der auch Parteiobmann Heinz-Christian Strache kam. Die NEOS feierten einen „Tag der Bildung“ in einer Event-Location in Wien-Neubau.
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