Er hat stets betont, kein Sesselkleber zu sein und nicht sein ganzes Leben in der Politik verbringen zu wollen. Montagmittag war es dann aber doch ein Knalleffekt: NEOS-Chef Matthias Strolz tritt ab. Sichtlich bewegt und mit den Tränen kämpfend berichtete Strolz vom „Ruf meines Herzens“ und davon, dass er „nicht Passagier, sondern Pilot meines Lebens“ sei. Fakt ist: Die Opposition ist nun schwach wie nie. Die Grünen sind weg, die Liste Pilz ist ohne ihren Parteigründer in der Bedeutungslosigkeit versunken. Das könnte nun auch den NEOS drohen. Bleibt die SPÖ, die den Weg heraus aus dem Frust-Eck noch nicht geschafft hat.
Enge Weggefährten des gebürtigen Vorarlbergers hatten es gewusst: Strolz hat genug von der Politik. Darauf deuteten auch einige dezente Anspielungen in letzter Zeit hin. Für viele kam der Schritt Montagmittag dann aber doch überraschend. Heute sei der Tag, an dem er eine geordnete Übergabe einleite, so der NEOS-Gründer. Er tue das nach dem Abschluss der „Aufbauphase“ und gebe gleichzeitig den „Auftakt für die nächste Wachstumsphase“. Zunächst werde er den Parteivorstand übergeben, in weiterer Folge auch das Amt des Klubobmanns und sich völlig aus der Politik zurückziehen.
Termin gut ausgesucht, lange keine Wahlen
Den Zeitpunkt seines Rücktritts wählte Strolz nicht zufällig. Für heuer sind die Landtagswahlen geschlagen, der nächste Urnengang ist die EU-Wahl im Mai 2019. Bis dahin sollte sich die Partei vom Wegfall ihres Zugpferdes erholt haben - so ist zumindest der Plan. Die Regierung jedenfalls hat derzeit leichtes Spiel, die Opposition ist so schwach wie noch nie.
Mehr Zeit für Familie, Freunde und sich selbst
Strolz ließ in seiner Abschiedsrede sein politisches Leben Revue passieren, er sprach von „Lust und Leidenschaft“ und davon, dass er Politik liebe. Aber er sei immer dem Ruf seines Herzens gefolgt und wolle nicht erst aufhören, wenn er müsse. Seine Zukunft ließ Strolz offen. Es gebe einige Buchprojekte und er freue sich auf mehr Zeit für Familie, Freunde und sich selbst. Gegen Ende der Rede wurde es immer emotionaler, Strolz kämpfte mit den Tränen.
Geordnete Übergabe bis zum Herbst
Favoritin für die Nachfolge von Strolz ist die Wiener Klubchefin Beate Meinl-Reisinger. Aber auch Partei-Mitbegründer und Medienmanager Veit Dengler oder dem Salzburger Gastronom Sepp Schellhorn werden Chancen eingeräumt.
Doris Vettermann, Kronen Zeitung
Kommentar von Doris Vettermann: Starke Demokratie?
Diese Mai-Tage haben anscheinend ein ganz spezielles politisches Karma. Am 9. Mai 2016 trat Werner Faymann als Bundeskanzler und SPÖ-Chef zurück, am 10. Mai 2017 Reinhold Mitterlehner als Vizekanzler und ÖVP-Chef, wenige Tage später warf Grünen-Chefin Eva Glawischnig das Handtuch. Und nun gab Matthias Strolz am 7. Mai seinen Rückzug bekannt.
Ob das für den NEOS-Chef, der ja durchaus einen Hang zur Esoterik hat, irgendeine Rolle gespielt hat, bleibt unklar. Klar ist aber, dass die heimische Politik mit Matthias Stolz eine bunte Figur verliert, die polarisiert, aber auch gehörigen Schwung in den Polit-Alltag gebracht hat. Der 44-Jährige spielte das Duracell-Haserl nicht nur, er lief tatsächlich immer auf Hochtouren - manchmal auch darüber hinaus. Er umarmte Bäume, verfasste ein Gedicht über die Kastanie und setzte sich - zu Ehren Udo Jürgens’ - im Bademantel ans Klavier.
Für die NEOS ist der Rückzug ihres Chefs, gelinde gesagt, eine Katastrophe. Matthias Strolz war nicht nur das Aushängeschild der Partei, er war das Markenzeichen und der einzige Pinke, der einer breiten Öffentlichkeit bekannt ist. Die Opposition ist nun schwach wie nie. Die Grünen sind weg, die Liste Pilz ist ohne ihren Parteigründer in der Bedeutungslosigkeit versunken. Das könnte nun auch den NEOS drohen. Bleibt die SPÖ, die den Weg heraus aus dem Frusteck noch nicht geschafft hat. Aber: Für eine starke Demokratie braucht es auch eine starke und funktionierende Opposition.
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