Nun ist es fix: Beate Meinl-Reisinger (40) wird wie erwartet für den Vorsitz der NEOS antreten. Seit dem überraschenden Rücktritt von Matthias Strolz am Montag wurde über dessen Nachfolge intensiv spekuliert. Meinl-Reisingers Entscheidung kommt nicht wirklich überraschend, gilt sie doch neben Strolz als das prominenteste Gründungsmitglied der pinken Partei. Sie soll nun den NEOS in den kommenden Jahren zumindest das Überleben, im Bestfall weiteres Wachstum sichern.
Kurz nachdem der scheidende NEOS-Chef eine „persönliche Empfehlung“ abgegeben hatte, Meinl-Reisinger als seine Nachfolgerin einzusetzen, erreichte krone.at am Dienstagabend die Information, dass die Vize-Vorsitzende die Parteiführung übernehmen wolle. Kurz darauf sprach Meinl-Reisinger auch in der ORF-Sendung „Report“ davon, sich um den Parteivorsitz bewerben zu wollen. Die NEOS-Vizechefin bestätigte noch nicht offiziell, die Position zu übernehmen, und gab an, mit Gegenkandidaten zu rechnen. „Wir sind ja nicht Nordkorea“, betonte die Politikerin am Dienstagabend in der Sendung.
Eine Kopie des scheidenden Vorsitzenden zu werden, könne man von ihr nicht erwarten. „Ich bin nicht Matthias Strolz", erklärte Meinl-Reisinger, nicht in die Fußstapfen von Strolz zu treten, sondern „neue Fußspuren“ setzen zu wollen.
Dass die 40-Jährige bei Wahlen reüssieren kann, hat die Mutter von zwei Kindern schon bewiesen. Trotz einer für die NEOS ungünstigen Stimmungslage führte sie die Partei 2015 sicher in den Wiener Landtag. Das Ergebnis bei der vergangenen Nationalratswahl, als sie die Landesliste anführte, war freilich eher durchwachsen. An ihrem Selbstbewusstsein geknabbert hat das nicht. Meinl-Reisinger verzichtete auf ihr Mandat im Nationalrat, dem sie von 2013 bis 2015 bereits angehörte und wo sie sich vor allem im Kulturbereich Meriten holte, und warf sich zurück in die Wiener Landespolitik, wo sie nicht unerfolgreich kleinere und größere Skandale der rot-grünen Stadtregierung anprangerte. Zuletzt verkündete sie wortreich unter dem Motto „Ehrlich gesagt“, was ihr politisch gerade nicht passt.
Die Rede von Matthias Strolz zu seinem Rücktritt im Video:
Zweifache Mutter lernte bei ÖVP ihr politisches Geschäft
Auf den Mund gefallen ist die studierte Juristin soundso nicht. Selten lieblich, meist eher resch, aber angenehm offen agiert sie im politischen Geschäft, das sie in der ÖVP lernte. Unter anderem assistierte sie Othmar Karas im EU-Parlament und war Mitglied des Kabinetts von Familienstaatssekretärin Christine Marek (ÖVP). Doch die Volkspartei wurde Meinl-Reisinger wie eben auch Strolz zu eng. Waren die NEOS vor allem in ihrer Anfangsphase eher ein Hort selbstbewusster Männer, bahnte sich Meinl-Reisinger schnell ihren Weg nach vorne. Dass sie forsch und fordernd ist, passt in der eigenen Partei nicht jedem. Dennoch war sie während der vergangenen Jahre die klare Nummer zwei hinter Strolz.
Schwierig könnte für sie werden, dass sie zumindest noch nicht über die Autorität des Parteigründers verfügt. Meinl-Reisinger steht wie Strolz eher für einen moderaten liberalen Kurs, der für den stärker werdenden wirtschaftsliberalen Flügel tendenziell zu weich ist. Hier eine Klammer zu bilden und divergierende Meinungen nicht nach außen dringen zu lassen, wird zu den größeren Herausforderungen der neuen Spitzenfrau werden. Ein anstrengender Spagat wird für Meinl-Reisinger auch, sowohl im Bund zu reüssieren als auch die Wiener Truppe am Laufen zu halten. Durchaus möglich ist, dass sie wie Gernot Blümel (ÖVP) und Heinz-Christian Strache (FPÖ) eine Doppelrolle in Bund und Stadt einnehmen wird. Regierungsverantwortung zu erlangen, könnte in Wien für die NEOS sogar greifbarer sein als in der Bundesregierung.
Keine Kopie von Strolz
Für die Mehrfachaufgabe wäre die eifrige Sportlerin, die vor einigen Monaten beim Skifahren sogar eine unliebsame Begegnung mit einem Blitz hatte, durchaus geeicht. Meinl-Reisinger ist bekannt dafür, ein großes Pensum gehen zu können. Eine Kopie von Strolz wird sie mit Sicherheit nicht sein, alleine schon, weil das ihr Selbstbild nicht zuließe. Eine Chance, dass sie eine erfolgreiche Eigenmarke begründet, scheint aber gegeben.
Zur Person: Beate Meinl-Reisinger, geboren am 25. April 1978 in Wien, verheiratet, zwei Kinder. Abgeschlossenes Jus-Studium. Politische Tätigkeit unter anderem als Assistentin des ÖVP-EU-Abgeordneten Othmar Karas sowie als Kabinettsmitglied bei Familienstaatssekretärin Christine Marek (ÖVP). 2012 Wechsel zu den NEOS, wo sie als stellvertretende Vorsitzende und Wiener Landeschefin dient. Von 2013 bis 2015 Abgeordnete im Nationalrat, nach erfolgreicher Spitzenkandidatur bei der Wien-Wahl Landtagsabgeordnete. Spitzenkandidatin der Wiener Landesliste bei der Nationalratswahl 2017.
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