Viele Hoffnungen der SPÖ ruhen auf Wiens nächstem Bürgermeister Michael Ludwig. Von der Vorstellung seines Teams am Montag erwarten sich die Sozialdemokraten frischen Wind für die gesamte Partei. Die traditionell einflussreichen Genossen in der Bundeshauptstadt sollen der ehemaligen Kanzler-Partei den bisher noch ausgebliebenen Schwung für einen Neustart geben.
Zuletzt sind die Umfrageergebnisse der SPÖ und ihres Spitzenpersonals eher bescheiden ausgefallen. Die nahezu perfekte Kommunikationsarbeit der Regierung unter Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gilt als eines der wesentlichen Hindernisse für eine stärkere Positionierung der Sozialdemokraten.
Im Vertrauensindex der Austria Presse Agentur (APA) liegt Kurz seit Monaten unangefochten auf dem ersten Platz. Weit abgeschlagen, im negativen Bereich, rangiert derzeit SPÖ-Chef Christian Kern. Über die besten Vertrauenswerte innerhalb der SPÖ verfügt die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures, die in diesem APA-Ranking zuletzt den dritten Platz belegt hat.
Ludwig, ein Vertreter der pragmatischen Mitte
Als eine Ursache für die stotternde Erholung der SPÖ werden die Nachwirkungen des quälend langen Kampfs um die Nachfolge des Chefpostens im Wiener Rathaus genannt. Von der Ablöse Michael Häupls durch Michael Ludwig in zehn Tagen versprechen sich viele in der Partei einen Aufschwung. Aufschluss, in welche Richtung sich die SPÖ künftig entwickeln könnte, wird von der Präsentation der neuen Wiener Landesregierung erwartet. Ludwig selbst gilt als Vertreter der pragmatischen Mitte in der SPÖ.
Im künftigen Führungstrio der sozialdemokratischen Ländervertreter besetzt hingegen Hans Peter Doskozil, designierter Nachfolger des burgenländischen Landeshauptmanns Hans Niessl, das rechte Spektrum. Kärntens nach den Wahlen im März gestärkter Landeshauptmann Peter Kaiser tendiert der Papierform nach eher in das traditionell linke Lager.
Drei SPÖ-Länderchefs werden Kurs bestimmen
An Ludwig, Doskozil und Kaiser - die sich persönlich gut verstehen sollen - wird es liegen, den weiteren Kurs der SPÖ zu bestimmen. Zuletzt ist es der Bundes-SPÖ nicht gelungen, mit ihren Themen eine breite Öffentlichkeit zu überzeugen. Ex-Bundeskanzler Christian Kern versucht im Parlament vor allem mit sehr pointierter Kritik an der türkis-blauen Regierungslinie in der Oppositionsrolle langsam Tritt zu finden.
Trotz dieser Bemühungen macht sich seit einigen Tagen in der SPÖ immer mehr Unzufriedenheit breit. Wie berichtet, hatte Bruno Aigner, der langjährige Sekretär von Heinz Fischer, öffentlich seinem Ärger Luft gemacht. Von mangelnder Bodenhaftung der SPÖ spricht Fischers Vertrauter.
Kerns Konkurrent: „Willen zum Wandel“
Zeitgleich hat auch der 2016 als möglicher Kern-Konkurrent für den Posten des SPÖ-Chefs gehandelte TV-Manager Gerhard Zeiler im „Presse-Spectrum“ von der Sozialdemokratie den „Willen zum Wandel“ eingefordert. Dabei müssten auch Themen wie Sicherheit, Heimat und „die Frage der kulturellen Identität“ eine Rolle spielen, schreibt Zeiler in einem Aufruf.
Kommentar von Claus Pándi: Frust abladen
In der SPÖ braut sich etwas zusammen. Am Wochenende sind prominente Genossen ganz offen mit scharfer Kritik am Zustand der Sozialdemokratie aus den Kulissen getreten. Der über Jahrzehnte als Sekretär von Heinz Fischer dienende Bruno Aigner beklagt, dass die SPÖ an Bodenhaftung verloren hat.
Gerhard Zeiler, Anfang der 1980er-Jahre Sprecher von SPÖ-Kanzler Fred Sinowatz, fordert von den Sozialdemokraten in einem langen Aufsatz den Willen zum Wandel und gibt ihr gleich eine Erledigungsliste mit auf den Weg. Dass die früheren SPÖ-Sekretäre ihren Frust ausgerechnet in der regierungsfreundlichen „Presse“ abladen, darf als Boshaftigkeit unter Parteifreunden verstanden werden.
Das ändert nichts am Wert des Befunds der beiden. Zeiler und Aigner sind zwar vom real existierenden Alltag meilenweit entfernt, aber ihre Partei kennen sie besser als viele, die dort jetzt am Ruder sind. Recht geben ihnen auch jüngste Umfragen, wonach das aktuelle Spitzenpersonal der Bundes-SPÖ im Vergleich zur türkis-blauen Regierung chancenlos ist.
Die Führungsgarde der letzten verbliebenen roten Bastionen - Wien, Kärnten und das Burgenland - wird dem Niedergang auf Dauer nicht zusehen können. Die Schwierigkeit ist allerdings, dass es in der SPÖ durchaus kluge Köpfe wie Gerhard Zeiler und Bruno Aigner gibt. Leute, die elegant erklären, was in der Sozialdemokratie seit geraumer Zeit schiefläuft. Aber es findet sich keiner, der die Ideen dann erfolgreich auf den Boden bringt.
Claus Pándi, Kronen Zeitung
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.