„Sie war zur falschen Zeit am falschen Ort, es hätte jeden treffen können“, so kaltblütig gestand der 16-jährige und bislang unbescholtene Robert K. in der Nacht auf Dienstag den entsetzlichen Mord an der kleinen Hadishat. Der eingebürgerte Tschetschene ist geständig, schockt die Beamten aber mit seiner Emotionslosigkeit: „Ich wollte irgendwen umbringen“, meinte der Gymnasiast im Verhör. Worte, die das ganze Land schaudern lassen. Es bleib die Frage: „Was treibt einen 16-Jährigen zu so einer brutalen Tat?“ Für Gerichtspsychologin Sigrun Rossmanith ist klar, dass der Täter entweder unter einer „Geisteskrankheit leidet“ oder „völlig empathielos“ ist.
Weil er laut eigenen Angaben einen „schlechten Tag“ hatte und „genervt“ gewesen sei, musste die siebenjährige Hadishat sterben. Das Nachbarsmädchen - der Mörder kannte es bereits seit Jahren - war, wie so oft, zu Besuch in der Wohnung, in der Robert K. mit seinen Eltern und seinem zwei Jahre jüngeren Bruder wohnt. Dort spielte die Kleine öfter mit deren Katze. Am besagten Nachmittag, an dem sie zu Besuch war, aß sie mit dem Gymnasiasten ein Eis. „Dann dürfte es Klick gemacht haben“, beschreiben Ermittler die drauffolgende blutrünstige Tat des 16-Jährigen.
Brutale Attacke mit Küchenmesser
Robert K. dirigierte die ahnungslose Siebenjährige ins Badezimmer - „sie hat nicht bemerkt, dass er da bereits ein Küchenmesser bei sich trug“, meinte ein Ermittler später. Er stieß die kleine Hadishat in die Duschwanne, wo er sie „derart massiv am Hals attackierte, dass der Kopf beinahe vom Rumpf getrennt worden ist“, so ein Ermittler.
„Geisteskrank oder völlig empathielos“
Nicht nur die Bewohner der Wohnungen im Gemeindebau Dittes-Hof im Wiener Bezirk Döbling sind erschüttert, auch Ermittler zeigen sich schockiert. So etwas sei ihnen noch nie untergekommen. Man fragt sich: Was geht im Kopf eines jungen Mannes vor, um zu so einer Tat fähig zu sein? Die „Krone“ hat mit Gerichtspsychologin Sigrun Rossmanith über mögliche Hintergründe der blutrünstigen Tat gesprochen.
„Krone“: Frau Dr. Rossmanith, wie kann es sein, dass ein Mensch Lust am Töten empfindet?
Sigrun Rossmanith: Entweder weil er an einer Geisteskrankheit leidet - oder weil er völlig empathielos ist, sich selbst nicht spürt. Eine grauenhafte Handlung bedeutet für ihn einen vielleicht schon seit Langem ersehnten „Kick“. Also endlich - auf eine schreckliche Weise - zu Gefühlen fähig zu sein. Das Verlangen des Betreffenden nach Macht spielt dabei ebenfalls eine große Rolle.
Wie verhalten sich Täter im Vorfeld ihrer Verbrechen?
Sie gelten als Einzelgänger, sind eher introvertiert, gelten als depressiv. Einige von ihnen fallen durch Tierquälereien auf.
Und üben so für den Mord an einem Menschen?
Nicht selten haben die Betreffenden in ihrer Fantasie bereits fürchterliche Taten begangen. Ein Kind umzubringen, bedeutet eine besondere Grausamkeit. Die Grenze, die dabei überschritten wird, ist natürlich eine besonders hohe.
Delikt ohne klarem Motiv
Tötungsdelikte, die scheinbar ohne klares Motiv begangen werden, gibt es. Sie sind selten, aber nicht extrem selten und schon gar nicht kulturspezifisch, betont auch die Linzer Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner. Umso schwieriger sei es für Menschen, mit einer Tat ohne feststellbares Motiv umzugehen. Nichtsdestotrotz dürfe man nicht davon ausgehen, dass so eine Tat zwingend ein Anzeichen von „Krankheit“ sei, sagt Kastner. „Es gibt aber auch Tötungsdelikte aus einer Erkrankung heraus“, so die Gerichtspsychiaterin.
Opfer „regelrecht entsorgt“
„Sicher ist, dass niemand so etwas von einem Moment auf den anderen tut. Es waren möglicherweise bereits Gewaltfantasien vorhanden, die jetzt spontan aufgebrochen sind“, meint Kriminalpsychologe Wolfgang Marx. Dass der 16-Jährige sein Opfer „regelrecht entsorgt“ habe und ihm das Mädchen nach eigener Aussage nicht leidtue, verdeutlicht auch für Marx die Emotionslosigkeit des Jugendlichen und weist auf eine dissoziale Persönlichkeitsstörung hin.
„Defizit bei sozialen Kontakten“
Als Motiv nannte der Bursch laut Polizei „allgemeine Wut“, die er in dieser Woche gehabt habe. „Der Täter mag schulisch erfolgreich gewesen sein, bei sozialen Kontakten gab es Defizite. Ich gehe davon aus, dass er soziale Auffälligkeiten gezeigt hat, etwa zurückgezogen oder besonders introvertiert war“, so Marx. „Vielleicht war er frustriert, oder es gab Probleme im Kontakt mit Mädchen.“
„Viele Täter sprechen erst Jahre später darüber“
„Ob es beim Täter Fantasien mit speziell dieser Person gegeben hat, oder es, wie er gesagt hat, jeden hätte treffen können, dazu müsste man ihn befragen. Aber viele Täter sprechen erst Jahre später darüber“, meint Marx. Gründe für das brutale Vorgehen oder das Fast-Abtrennen des Kopfes des Opfers könne es mehrere geben, bei manchen Tätern sei es Pragmatismus. Wenn man beim Ergebnis der Obduktion darauf achte, „was der Täter getan hat, was er nicht hätte tun müssen“, könne das aufschlussreich bezüglich des Motivs sein. Derzeit sei noch Vieles spekulativ.
Das Delikt erinnert den Psychologen an den 19-jährigen Marcel H., der im März vergangenen Jahres in Deutschland ein Kind und einen Schulfreund aus Mordlust getötet hatte. Vor Gericht zeigte er keine Regung. „Sicher ist aber, solche Delikte sind sehr, sehr selten“, betont Marx.
Jana Pasching, krone.at, Kronen Zeitung
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