Dutzende Menschen haben sich am Donnerstag um 15 Uhr in der Aufbahrungshalle des Islamischen Friedhofs in Wien-Liesing versammelt, um von der in der Vorwoche getöteten Hadishat Abschied zu nehmen. Am Sarg spielten sich herzergreifende Szenen ab, die Mutter sowie die Geschwister des Mädchens weinten bitterlich.
Ein Onkel filmte das tote Kind. Der Vater sitzt in Italien in Haft, er wollte seine Tochter noch ein letztes Mal sehen - wenn auch nur auf einem Video. Am Samstag wird die Leiche der Siebenjährigen in Begleitung zweier Mitarbeiter einer türkischen „Überstellungsagentur“ nach Tschetschenien geflogen und dort von Verwandten in Gekhi, dem Heimatdorf ihrer Familie, bestattet - im Grab ihres Großvaters.
Zu Lebzeiten ist die Kleine niemals dort gewesen, sie wurde in Wien geboren, wuchs hier auf. „Viele unserer Angehörigen befinden sich aber noch in Tschetschenien“, schildert Hadishats Familie, „sie werden daher unseren Liebling auf seinem letzten Weg begleiten - und oft an seiner Ruhestätte besuchen.“
Für die Mutter des Opfers ist das unmöglich, sie ist einst aus ihrem Land geflüchtet, bei einer Einreise würde ihr eine Verhaftung drohen - genauso wie ihren weiteren sechs Kindern. Warum trotzdem die Entscheidung, Hadishat in der Fremde zu begraben? „Weil sie dort ihre Wurzeln hat.“
Angehörige: „Wir werden sie niemals vergessen“
Aus den Gedanken seiner Familie wird das kleine Mädchen ohnehin niemals verschwinden: „Wir wissen nicht, wie wir ohne Hadishat leben sollen.“ Die fürchterliche Tat sei „kaum verkraftbar - und einfach nicht zu verstehen. Denn wie sollen wir begreifen, dass jemand dazu fähig sein kann, einem Kind solch schreckliche Dinge anzutun.“
Die Angehörigen des Opfers glauben nicht, dass das brutale Verbrechen restlos geklärt ist: „Zumindest bei der Beseitigung der Leiche muss Robert K. irgendwer geholfen haben.“
Gutachter am Werk
Die Vermutung, dass der 16-Jährige, der die kleine Hadishat vor einer Woche in der Wohnung seiner Familie mit einem Messer attackierte und tötete, an einer schweren seelischen Störung leidet, liegt nahe. Bereits am Mittwoch begann daher der renommierte Psychiater Peter Hofmann - er analysierte auch den Amokfahrer von Graz sowie den 23-jährigen Jafar S., der im März vier Menschen mit einem Messer schwerst verletzte - im Auftrag des Gerichts, Robert K. zu untersuchen.
Da er noch jugendlich ist, drohen ihm maximal 15 Jahre Haft. Sein Aufenthalt im Gefängnis könnte allerdings länger werden, sollten die Sachverständigen zu dem Schluss kommen, dass der Täter zwar psychisch abnorm ist, aber sich dennoch der Tragweite seines entsetzlichen Handelns bewusst war. In diesem Fall würde, zusätzlich zu der Haftstrafe, die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher erfolgen - für unbestimmte Zeit. Sollten ihn dann mehrere Gutachter weiterhin für gefährlich halten, wäre sogar seine lebenslange Anhaltung in einer Anstalt möglich.
Martina Prewein und Florian Hitz, Kronen Zeitung
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