Schwere Turbulenzen ums Handelsabkommen CETA zwischen EU und Kanada gab es diese Woche auch in Oberösterreichs Landtag, wo am Tag nach dem „Durchwinken“ des Pakts durch die schwarztürkisblaue Bundesregierung im Ministerrat im Landtag eine neue Resolution gegen CETA, dringlich eingebracht von SPÖ und Grünen, auf der Tagesordnung stand. Hier kann man die knapp halbstündige Debatte nachsehen.
Grüne: Ein „Tschick“ als Preis für CEtA
„Was ist das Schlimmste in einer Demokratie?“, fragt der grüne Abgeordnete Stefan Kaineder vom Rednerpult herab und gibt folgende Antwort: „Das sind Politiker und Politikerinnen, auf die man sich nicht verlassen kann!“ Am Beispiel CETA könne man sich das anschauen, verweist Kaineder auf drei Landtagsresolutionen, die in den Jahren 2014, 2015 und 2016 einstimmig gegen CETA (und TTIP) beschlossen worden sind. „Seit Christian Kern diesen Vertrag in Brüssel (im Oktober 2016) unterzeichnet hat, hat sich daran, liebe FPÖ, kein einziger Beistrich geändert.“ Kerns „Umfaller“ rügt Kaineder genauso wie den der ÖVP und vor allem den der FPÖ: „Für einen Tschick habt’s ihr CETA verkauft.“ Eine Anspielung an den Abtausch im schwarztürkisblauen Regierungsübereinkommen zwischen Aufhebung des Rauchverbots in der Gastronomie und Zustimmung zu CETA.
FPÖ: „Es ist kein Umfaller erkennbar!“
Für die FPÖ muss im Landtag die Steyrer Abgeordnete Evelyn Kattnigg zur Verteidigung ans Rednerpult ausrücken. Am 18. Juni 2016 hatte sie in einer Presseaussendung anlässlich der dritten von Kaineder erwähnten einstimmigen Resolution noch das „Gemeinsame NEIN zu CETA und TTIP aus Oberösterreich“ bejubelt, mit dem Beisatz: „FPÖ bekräftigt ihre alte Forderung, CETA und TTIP zu verhindern“. Nun verweist sie darauf, dass im Vorjahr (2017) bereits ein Teil von CETA, nämlich der in ausschließlicher EU-Kompetenz, vorläufig in Kraft getreten sei: „Mit 21.9.2017 wurden daher bereits 98 Prozent aller Zölle mit Kanada abgeschafft. Der Wegfall dieser Hürden ist für den Wirtschaftsstandort Oberösterreich positiv zu bewerten; Österreichs Exporte nach Kanada sind seither um 30 Prozent gestiegen. Diesen großen wirtschaftlichen Vorteil von Freihandelsabkommen hat die FPÖ auch nie kritisiert.“ Kritisiert habe die FPÖ immer die Schiedsgerichte für den Investitionsschutz. Hier hätten sich aber inzwischen die rechtlichen Rahmenbedingungen grundlegend geändert, deshalb könne sie keinen „Umfaller“ der FPÖ erkennen. Kattnigg räumt aber auch ein: „Die CETA-Ratifizierung wurde von der Bundes-ÖVP bei den Regierungsverhandlungen von Anfang an zur unverhandelbaren Koalitionsbedingung erklärt.“
ÖVP: „Arbeitsplätze nicht gefährden!“
ÖVP-Abgeordneter Wolfgang Hattmannsdorfer orientiert sich an der Rhetorik des Grünen Kaineder und fragt im Landtag: „Was ist eine der wichtigsten Aufgaben in der Politik? Die Schaffung von Rahmenbedingungen, dass Arbeitsplätze geschaffen werden können.“ Der wirtschaftspolitische Motor unseres Bundeslandes sei der Export: „Jeder 2 Arbeitsplatz in Oberösterreich hängt direkt oder indirekt am Export. Er zieht die OÖ. Wirtschaftslokomotive maßgeblich. Wer so große Teile seines Wohlstands auf Handel aufbaut, darf sich nicht selbst ins Abseits stellen. Daher sollten SPÖ und Grüne keine Isolationspolitik a la Donald Trump oder Kim Jong Un (Nordkorea) betreiben. Denn damit gefährden sie Arbeitsplätze und schaden Oberösterreich.“
SPÖ: „Unser Rechtssystem wird ausgehöhlt“
Für die SPÖ geht Gisela Peutlberger-Naderer ans Rednerpult, obwohl FPÖ-Landtagspräsident Adalbert Cramer ihre Wortmeldung „vergessen“ hat, wahrscheinlich aus Freud’schen Gründen: „Das wär‘ ja noch das Schönere, das ich hier nicht reden darf!“ Sie wachelt gleich mit einem FPÖ-Plakat aus dem Wahlkampf 2017 mit der Forderung von HC Strache nach einer verbindlichen Volksabstimmung über CETA und TTIP. Sie bringt ihre Kritik an CETA so auf den Punkt: „Es geht um das Aushöhlen unseres Rechtssystems und diese CETA-Blitzaktion (die Zustimmung der aktuellen Bundesregierung) schadet Österreich!“ Auf die Unterschrift vom damaligen SPÖ-Kanzler Kern im Oktober 2016 geht sie aber nicht ein.
Werner Pöchinger, Kronen Zeitung
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.