Nach der Anhörung von Facebook-Chef Mark Zuckerberg im EU-Parlament zum Datenskandal um die mittlerweile bankrotte Firma Cambridge Analytica tobt ein Shitstorm durchs Internet. Auf Twitter üben viele User Kritik an der Art der Befragung: Die EU-Abgeordneten waren selbst weit länger am Wort als ihr weit gereister Gast aus den USA. Der blieb freilich auch nicht ohne Tadel …
Die EU-Parlamentarier hatten sich bei ihrer Zuckerberg-Befragung - hier nochmals alle Details zur Nachlese - zwar sichtlich besser vorbereitet als ihre Kollegen im US-Senat. Ein gewaltiger Schönheitsfehler wurmt die Internetgemeinde jedoch nach der Befragung: Die Abgeordneten haben einen Gutteil der knapp über eine Stunde dauernden Befragung genutzt, um gesammelt ihre 50 Fragen zu verlesen.
Das Problem: Nachfragen sind da nicht möglich, Zuckerberg blieben zudem am Schluss nur ein paar Minuten für die Antworten - laut Zeitplan gerade einmal sieben.
Interviewer hatten mehr Redezeit als Befragter
Der Facebook-Chef gab zwar letztlich immerhin 23 Minuten Antwort, es blieben aber trotzdem viele der zuvor eine Dreiviertelstunde lang durch die EU-Parlamentarier vorgetragenen Fragen offen.
Auf Twitter erzeugte dieser Umstand prompt einen Shitstorm - gegen die EU-Parlamentarier, die dieser Art der Befragung zugestimmt haben, aber auch gegen Zuckerberg, der sich wie jüngst vor dem US-Kongress vielmals entschuldigte, aber in seiner Antwortrede auch vielen Fragen auswich.
Auch Parlamentarier selber unzufrieden
Unzufriedenheit mit der Anhörung gab es freilich nicht nur im Netz, sondern auch im EU-Parlament selber. Die Fraktionschefs, welche bei der Zuckerberg-Anhörung zugegen waren, waren zwar eindeutig besser vorbereitet als ihre Kollegen im US-Senat. Die ganze Befragung war nach Ansicht vieler aber auch wenig überzeugend - auch, weil kein Nachfragen möglich war.
Der Fraktionschef der konservativen Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, begrüßte, dass Zuckerberg mit dem Auftritt nach der Datenmissbrauchsaffäre um die Firma Cambridge Analytica „ein Signal gegeben hat, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen“. Er sei „aber nicht sehr überzeugend gewesen und hat nicht alle unsere Frage beantwortet“.
„Anhörung hat unsere Erwartungen enttäuscht“
„Diese Anhörung hat unsere Erwartungen enttäuscht“, erklärten die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Philippe Lamberts und Ska Keller. Zuckerberg habe „eine Menge vager Versprechen gemacht“. Die Grünen kritisierten auch EU-Parlamentschef Antonio Tajani, der dafür gesorgt habe, dass Zuckerberg nicht direkt auf jede Frage der Fraktionsvertreter antworten musste, sondern diese in gesammelter Form vorgesetzt bekam.
Damit habe Zuckerberg „eine ,Sie kommen aus dem Gefängnis frei‘-Karte“ bekommen, sagte der Ko-Vorsitzende der Europäischen Konservativen und Reformer, Syed Kamall. Der Facebook-Chef habe „zu viel Raum bekommen, schwierige Fragen zu vermeiden“. Mehr Aufschluss über die Tragweite des Skandals um Cambridge Analytica habe die Anhörung jedenfalls nicht gebracht.
„Das Format des Treffens war eine Farce“
„Das Format des Treffens war eine Farce, da kein echter Austausch zwischen Zuckerberg und den Parlamentariern möglich war“, erklärte auch der Chef der europäischen Sozialdemokraten im Parlament, Udo Bullmann. Er forderte „eine weitere Aussprache von Zuckerberg und seinem Management vor den beteiligten Ausschüssen des Europäischen Parlaments“.
Zuckerberg sicherte letztlich zu, die fehlenden Antworten in schriftlicher Form nachliefern zu lassen. Der liberale Fraktionschef Guy Verhofstadt warnte Zuckerberg ihn davor, die Fragen „nicht akkurat im Detail“ zu beantworten. In diesem Fall müssten „die EU-Wettbewerbsbehörden aktiviert und die Gesetzgebung verschärft werden“.
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